Da ich einmal beim Aufräumen bin (ich schreibe diesen und den vorherigen Beitrag in einem Rutsch), komme ich noch auf einen anderen Konflikt zu sprechen, der mich im letzten Jahr stetig begleitet hat. Ich habe darüber selten öffentlich Worte verloren, obwohl mich die Sache mehr belastet hat, als ich anfangs vermutet hätte. Aber es waren mir immer zu viele neugierige Augenpaare auf diesen Konflikt gerichtet.
Also hier ein kurzer Recap: Es begann alles vor etwas mehr als einem Jahr mit einer harmlosen Affäre. Was heißt harmlos? Eigentlich war sie alles andere als das. Sie war aufregend und voller Feuer, leidenschaftlich, intim, offen, abenteuerlustig… sie erwischte mich in einem Moment, in dem ich extrem fragil war und parallel zu diesem intensiven Abenteuer hatte ich innerlich mit den schlimmsten Dämonen meiner Kindheit zu kämpfen. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht genau deshalb Hals über Kopf in solch eine Geschichte springen würde. Und ja, ich hatte ernsthaft Gefühle für den Typen. So schnell wie alles begann, endete der Spaß dann auch wieder. Mein innerer Drang nach Harmonie und Schmetterlingen, nach Wärme und Freude in der schwierigen Zeit hatte mich mal wieder halb blind werden lassen. Nach meiner toxischen Ehe mit einem Narzissten, sollte ich es ja eigentlich besser wissen. Es gab nach kurzer Zeit so viele Redflags, die ich, wäre ich nicht so angeschlagen gewesen, viel früher erkannt hätte. So habe ich es zu spät gemerkt, dass ich meine eigenen Grenzen hatte einrennen lassen. Und als dann alles eskalierte, war ich bereits so verletzt, dass ich Wochen und Monate brauchte und eigentlich nur mithilfe meines Therapeuten wieder richtig auf die Beine kam und in der Lage war, alles zu verarbeiten.
Das Schlimmste war jedoch, dass ich fast keine Wahl hatte und ihn regelmäßig sah. Ziemlich lange quälte ich mich damit ordentlich herum, bis es irgendwann endlich besser wurde und ich mich altes Selbstbewusstsein wieder erlangte. Überraschung: Wenn ich betrunken war, fiel es mir deutlich leichter. Ein generelles Unwohlsein blieb.
Das schlimmste war, dass ich mehrfach versucht hatte, aufgrund dieses Umstandes, dass wir uns nicht aus dem Weg gehen konnten, über meinen Schatten zu springen und auf ihn zuging, um Frieden zu schließen und dabei mehr als einmal gegen eine Wand rannte oder ein eher halbgares „Friedensangebot“ erhielt. Kurz: es war mehrere Monate wirklich nervig.
Nach ziemlich genau einmal Jahr erholte sich dann alles ein wenig. Vielleicht hatte das Gras, was über alles gewachsen war, ein bisschen dazu beigetragen. Aber ein Teil von mir wünschte sich noch immer, er würde wirklich und ehrlich verstehen, wieso die Sache zwischen uns so kläglich gescheitert war. Und als ich bereits alle Hoffnung aufgegeben hatte, kam sie dann doch noch, die Entschuldigung. Und es schien schon so, als hätte er zumindest die wichtigsten Punkte verinnerlicht. Besser spät als nie, dachte ich. Er bat sogar um ein Gespräch, welches ich hauptsächlich aus Neugier annahm. Mir war allerdings auch wirklich wichtig, mit ihm klarzukommen und selbst noch ein paar Punkte loszuwerden und ein bisschen was von ihm zu allem zu erfahren. Das Gespräch war spannend, ehrlich und im Großen und Ganzen friedlich und positiv. Wir gingen erleichtert auseinander. Zumindest fühlte ich das. Auch wenn ein Teil von mir wusste, dass ich zwar seine Entschuldigung annehmen wollte, ich ihm aber nur schwer wieder würde vertrauen können. Dazu war die Schmach und die Angst vor erneuter Verletzung zu groß. Erleichtert war ich aber vor allem deshalb, weil dieses ständige Ignorieren, Anschweigen, kalte Schulter zeigen auf Dauer wirklich anstrengend war. Ich hatte darauf wirklich keine Lust mehr, auch wenn es mir nach der langen Zeit irgendwie auch schwerfiel, so richtig über meinen Schatten zu springen.
Und so wähnte ich mich halbwegs sicher und freute mich, einen weiteren Punkt in meinem Leben aufgeräumt zu haben so kurz vor dem Jahresende. es wäre doch zu schön gewesen. Zwei Tage später kam die Kehrtwende und damit der komplette Kontaktabbruch. Heißt, er wollte sich fortan aus allem, was mein Umfeld betrifft, fernhalten. Wieso? Weil er mit meiner offenen und direkten Art nicht klarkommt, dies in ihm zu viel triggert und bewirkt, dass er sich schlecht fühlt. Kann ich gut verstehen. Aber naja… wer austeilt und so… wie war das mit dem Echo? Spaß beiseite. Ich habe in dem Sinne nie ausgeteilt, weil ich keine Austeilerin bin. Ich war lediglich offen und ehrlich. Weil ich so nun einmal bin. Und manche Menschen tun sich eben etwas schwer mit der Wahrheit.
Ich habe mich instinktiv direkt schuldig gefühlt, so wie ich das eben immer mache. Aber mir wurde schnell klar, dass ich dafür nun wirklich keinen Grund habe. Zum einen war ich nicht der einzige Grund für diese radikale Entscheidung, zum anderen, war es SEINE Entscheidung. Und er hat es ja wirklich betont: Es liegt an meiner Art, mit der ER nicht klarkommt. Ich hingegen bin genau darauf stolz. Unoffenheit, Illoyalität und fehlende Authentizität sind die Dinge, die ich am allermeisten verabscheue. Und es wurde hiermit mal wieder bewiesen, dass Menschen, die nicht bereit sind, mir offen gegenüberzutreten, Dinge an- und auszusprechen und die mit meiner Offenheit nicht umgehen können, in meinem Leben auch wirklich nichts zu suchen haben. Das verträgt sich eben einfach nicht. Ich war zunächst wirklich sprachlos, dann war ich traurig, weil ich wirklich viele Emotionen in all das investiert habe und dann war ich wütend. Wütend vor allem, weil mich all das viel Kraft gekostet hat. Und wofür? Für nix. Und das geht mir gegen den Strich.
Aber auch hier: Wellen bäumen sich auf und sie glätten sich auch wieder und irgendwann wird auch dieses Buch mit den viel zu vielen Kapiteln zum Glück ganz weit hinten im Regal stehen und langsam einstauben.