Biketour Portugal: Sagres – Portimao – Olhao

Tag fünf und sechs meine Biketour waren schwer, um nicht zu sagen extrem schwer. Ich hatte irgendwie keine wirkliche Lust mehr, die Kilometer zogen sich. Das lag hauptsächlich an den ersten vier wirklich schweren Etappen. Ich wusste, was mich erwarten könnte. Deswegen mache ich eine Biketour auch immer nur einmal. Ich glaube, hätte ich jeweils vorher gewusst, was mich erwartet, ich hätte es nicht gemacht. Das war auch letztes Jahr schon so. Hier waren es die teilweise nur schwer bzw. unmöglich befahrbaren Strecken mit Sand und Kies, gepaart mit Bergen, die ich mein gepacktes Bike hinauf schieben musste. Zudem meine körperliche Verfassung, die Schmerzen im Knie, das Reiben des harten Sattels zwischen den Beinen und am fünften Tag auch noch eine schleifende Vorderbremse, die ich aber zum Glück reparieren lassen konnte. Meine einzige Motivation: es ist bald geschafft.

Tag fünf begann bergauf mit Gegenwind, Böen von 30 km/h schlugen mit entgegen, wodurch ich eine gute Stunde für lediglich 8 km brauchte (sonst schafft man so 15 – 20 km in einer Stunde). Wenn es nicht vorangeht, ist es öde. Es zermürbt einen. Hier kommt dann auch wieder der mentale Faktor dazu. Ich beschloss dann kurzerhand, zu improvisieren und zum großen Teil die Landstraßen zu fahren, um voranzukommen und um nicht wieder irgendwo im Sand stecken zu bleiben. Die Straßen waren zwar auch anstrengend aufgrund des Verkehrs und ich verpasste sich die ein oder andere schöne Aussicht, aber ich konnte wenigstens fahren. An Tag fünf waren es insgesamt nur knappe 60 km. Danach hatte ich aber auch genug. In Portimao konnte ich zum Glück auch direkt um 14.00 Uhr in mein Hostel einchecken. Dass es dort nicht sonderlich schön sein würde, wusste ich bereits von den Bewertungen auf Booking. Es war recht einfach, aber das Schlimmste: Es war dreckig, ich teilte mein Zimmer mit zwei weiteren Mädels und es gab insgesamt auch nur eine Steckdose. Ja, das ist Jammern auf hohem Niveau. Aber verglichen mit den vorherigen Hostels, war das wirklich eine miese Absteige. Und dafür war es auch nicht deutlich günstiger. Egal, die eine Nacht brachte mich nicht um. Und immerhin konnte ich mich auf mein kleines Apartment in Olhao unweit von Faro freuen. In Portimao genoss ich dafür noch die schöne Altstadt und den Strand, aß leckeres Eis und vegane Cookies und war damit dann doch recht happy am Ende des Tages.

An Tag sechs erwachte ich früh, schlang schnell etwas vom spärlichen Frühstück hinunter und machte mich zutiefst unmotiviert auf den Weg nach Faro und damit zur letzten Etappe. Ich hatte direkt beschlossen, nicht den schönen Weg entlang der Küste zu fahren. Ich hatte wirklich Bedenken, dass meine Kraft nicht mehr ausreichen würde für Berge und schwierige Strecken. Dementsprechend unattraktiv war auch der Weg. Die Landstraßen waren dicht befahren. Manchmal bekam ich schon ein bisschen Angst, wenn die Autos so dicht an mir vorbeifuhren. Aber immerhin kam ich vorwärts und war kurz nach dem Mittag nach 60 km bereits in Faro, dem ursprünglichen Ziel meiner Tour. Dort gönnte ich mir ein großes Eis. Ja, ich gebe zu, was Eis angeht, hab ich nicht immer nur vegane Sorten gegessen. Das sind so kleine Urlaubsausnahmen, die ich hin und wieder mache. Wobei es tatsächlich in Portugal viele vegane Optionen gibt, also generell. Diese Ausnahmen, beschränken sich allerdings wirklich auf den Urlaub. Denn ich merke so richtig gut, tun mir Milchprodukte wirklich nicht.

Nach Faro ging es noch 12 km weiter östlich in einen kleinen Ort namens Olhao, wo ich ein günstiges Apartment mit Terrasse gemietet hatte. Wie lang können 12 km mit Gegenwind sein, wenn man ohnehin schon keine Lust mehr hat? Ich war an dem Tag oft den Tränen nahe und war innerlich wütend und schrie meine Wut auf den Bergen nur so heraus. Das tat gut. Als ich ankam, war ich komisch apathisch. Ich konnte mich kaum wirklich freuen. Ein paar Tränen kamen. Ich war erschöpft. Aber im Großen und Ganzen spürte ich nicht viel. So wie in den letzten Wochen auch schon.

Ich hatte öfter versucht, mal über ein paar Dinge nachzudenken. Es gibt ein paar unausweichliche Schicksalsschläge, die kommen werden und auf die ich mich gern vorbereitet wüsste. Doch irgendwie konnte ich kaum einen Gedanken vertiefen. Auch das Thema Beziehung und wie es weitergehen soll, was ich will, welche Bedürfnisse ich habe, konnte ich nicht richtig angehen. Ich glaube, für all das war die gesamte Tour doch irgendwie zu aufregend. Ich musste mich sehr konzentrieren und für Gedanken war wenig Platz. Vielleicht wollte ich aber auch nicht so richtig. Zudem spürte ich eine merkwürdige Unzufriedenheit mit meinem Körper. Das wiederum ist aber wohl auf die Hormone zurückzuführen.

Was ich genossen habe ist, dass ich kaum an meine Arbeit denken musste. Die lief eben so nebenher.
Generell würde ich aber irgendwie gern zufriedener sein. Ist das normal? Ich weiß es nicht!
Immerhin habe ich jetzt noch fast drei Tage Zeit und auf die freue ich mich sehr. Ich will ein bisschen entspannt die Gegend erkunden, vielleicht mal ein bisschen am Strand liegen, baden gehen…. Und vor allem mal den Wecker ausstellen.

Vermutlich kommt die Zufriedenheit noch und es braucht ein bisschen Zeit. Ich denke, ich muss noch verinnerlichen, dass ich stolz sein kann, auch wenn die Tour vielleicht ein bisschen anders und sehr viel härter war, als gedacht. Gerade überwiegt noch sehr viel Scham darüber, dass ich vielleicht was verpasst und nicht genug genossen habe, weil ich mir zu viel vorgenommen habe und dadurch Abkürzungen fahren musste. Genau weiß ich es nicht. Aber ich denke, ich lasse das jetzt mal so stehen.

Bilanz:
Tag 5
Strecke: 51,8 km
Dauer: 3:14 h
Kalorien: 1.600
Höhenmeter: 500
Pannen: keine

Tag 6
Strecke: 75,5 km
Dauer: 4:09 h
Kalorien: 2.100
Höhenmeter: 510
Pannen: keine

4 Gedanken zu “Biketour Portugal: Sagres – Portimao – Olhao

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