Ich vermisse mich selbst. Das hat MK zu mir vorhin gesagt. Und irgendwie geht es mir gerade auch so. Ich lebe von Tag zu Tag, eher so semi motiviert, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, dem Warten auf den Feierabend, die nächste Party. Es ist schon alles okay soweit, aber eigentlich ist gar nichts okay.
Ich schlafe zurzeit wieder besonders schlecht. Aber nicht mal, weil ich so viele Geister zu Besuch habe, sondern weil meine Gedanken überall und nirgendwo umherschwirren. Ich bin gar nicht wirklich fokussiert. Selbst, während ich das hier schreibe, schweifen meine Gedanken immer wieder ab, wollen woanders hin. Aber wo? Und ist das gut? Soll ich sie lassen? Oder soll ich mir mal wieder Mühe geben, den Fokus zurückzufinden? Wie war das nicht mit der Achtsamkeit? Ich war doch so happy über neue Routinen. Und jetzt fällt es mir unglaublich schwer, diese nicht wieder aufzugeben.
Tatsächlich gibt es zwei Dinge, die in mir ein bisschen brodeln und die mir unterbewusst Angst machen. Und ich glaube, ich versuche zu vermeiden, darüber nachzudenken, bzw. zu fühlen, was diese Ängste mit mir machen/machen könnten. Das ist ganz komisch. Vielleicht hab ich auch Angst vor der Angst. Zudem ist mein Therapeut gerade im Urlaub. Mein Sicherheitsnetz, in welches ich mich zu Not fallen lassen könnte, existiert gerade nicht. Aber eigentlich ist das doch quatsch, oder?
Na gut, dann schauen wir uns beide Ängste einmal an:
- Ich werde Tante
Da fragt ihr euch nun sicherlich, wieso ich davor Angst habe. Immerhin werde ich ja nicht selbst Mutter. Fakt ist, dass ich mich vor einigen Wochen schweren Herzens und aus Gründen, die hier den Rahmen vollkommen sprengen würden, dagegen entschieden habe, an diesem „Ereignis“ teilzuhaben. Kein böser Wille und hat mit der Sache an sich auch gar nichts zu tun. Vielmehr ist es Selbstschutz.
Und da ist der eine Part von mir, der sagt, ich stehe vollkommen hinter dieser Entscheidung, mit allen Konsequenzen. Der Part ist wütend, stur, aber eben auch stark und der weiß, dass es gerade leider keine Alternative gibt für mich. Und da ist ein anderer, der Angst hat und traurig ist und der irgendwie auch etwas Liebevolles in sich trägt. Und der Part zittert und versucht zu vermeiden, was er da womöglich spüren könnte. Und ich weiß, dass ich es spüren werde, wenn ich die Nachricht erhalte, dass das Kind auf die Welt gekommen ist, was gerade jeden Moment passieren kann. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht mal genau, wie ich es erfahren werde. Ich habe mich darauf vorbereitet, vielleicht traurig und gerührt zu sein. Denn trotz allem, empfinde ich Liebe und das ist ja eigentlich schön. Aber eben auch unglaublich schmerzhaft zugleich. Denn der liebevolle und nicht wütende Teil in mir wünscht sich nach wie vor, dass alles in Ordnung wäre und dass es easy wäre, an all dem teilzuhaben. Ist aber leider im Moment einfach nicht drin. Und weil ich solche intensiven Gefühle ohnehin nur schwer aushalten kann, wie ich weiß, habe ich eben direkt mal Panik davor und was machen wir in Panik? Wegrennen! Genau!
2. MK macht Urlaub
Auch das klingt jetzt erstmal nicht so unglaublich dramatisch. Im Gegenteil. Und nein, ich möchte nicht mitkommen. Er fliegt nächste Woche für knappe vier Wochen nach Amerika. Diesen Traum wollte er sich lange erfüllen und ich habe ihn darin bestärkt, das endlich zu tun. Ich denke, meine Angst ist an der Stelle wirklich stark egoistischer Natur. Ich denke, dass ich weniger von ihm hören werde, vor allem wegen des Zeitunterschiedes. Und dann macht er ja Urlaub und ich wünsche mir sehr, dass er dann auch DORT ist und nicht so viel mit seinen Gedanken bei mir zu Hause. Das ist eben das Los des Daheimbleibenden. Hier dreht sich die Welt auch irgendwie weiter, aber die großen Abenteuer, die passieren auf Reisen. Und was, wenn ich ihn brauche und mich dann nicht traue? Und ich weiß es auch aus unserem Alltag, dass es wichtig ist, dass wir uns sehen und auch spüren. Daher hat ein Teil von mir an dieser Stelle Angst, dass wir uns entfernen, oder entwöhnen? Ich weiß nicht, ob der Gedanke berechtigt ist. Ich habe eine solche Erfahrung noch nie gemacht. Ist übrigens auch ein Grund, wieso ich Fernbeziehungen nicht mag. Zu allem Überfluss sehen wir uns dann genau eine Woche, bevor ich selbst zwei Wochen auf Reisen gehe. Ich habe wahrlich viel gelernt über Beziehungen und ich vertraue MK und mir schon. Aber ein kleiner Teil in mir, der bindungsphobisch und unsicher ist, der hat Angst, dass unsere Beziehung darunter leiden könnte. Und wieso? Weil ich ihn liebe und weil ich ihn nicht verlieren will, weil es gerade so schön ist.
Glücklicherweise gibt es dann aber auch den starken Teil. Ich gönne und wünsche ihm diese wundervolle Reise von Herzen. Und voll romantisch ruft es in mir, dass uns das auch viel stärker machen kann, wenn wir das durchstehen und uns Mühe geben, dass wir uns nicht verlieren. Wie war das nochmal mit der Arbeit an Beziehungen? Immerhin haben wir mittlerweile den „Mindestens-20-Jahre-Vertrag“. Was sind da bitte ein paar Wochen? Ein Bruchteil der Ewigkeit.
Und während ich so tippe, merke ich wieder das Phänomen des Tagesbuchschreibens. Plötzlich bekommen meine Ängste und Sorgen Struktur. Ich beginne zu verstehen, was da in mir rumort und mich unsicher macht und den Impuls wachrüttelt, weglaufen zu wollen. Beide Themen haben etwas damit zu tun, dass die starke Elli Entscheidungen getroffen hat. Entscheidungen, hinter denen sie steht. Aber das heißt ja nicht, dass ich nicht auch dann ins Wanken geraten kann. Denn neben der starken Elli gibt es eben auch die sensible, die ganz liebevoll, zerbrechlich und oft auch unsicher ist. Denn Garantien gibt es für gar nichts im Leben. Und ich kann mich noch so sehr anstrengen, am Ende liegt es nicht mal in meiner Hand. Das weiß ich mittlerweile vom Leben. Und ich weiß, dass Liebe – egal welcher Art – weh tut. Aber vielleicht hilft mir das Wissen um das Risiko diesmal. Weil ich mich damit beschäftige, dass ich fallen kann. Und weil ich dann vielleicht nicht mehr so überrascht bin. Es gibt kein Sicherheitsnetz. Aber wenn ich mich auf den Fall vorbereite, dann kann ich mich abfangen, abrollen, nur leicht auf dem Boden aufschlagen, wieder aufstehen und weiter gehen.
Das ist doch schon großartig, dass Du all das so klar formulierst, Elli. Stark sein und liebevoll schließt einander ja nicht aus.
Und zum Alleinreisen – Du sagst es ja selbst: was sind schon ein paar Wochen? 🙂
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