Vorwort: Nach dem Schreiben dieses Beitrages habe ich gemerkt, dass das hier womöglich einer der ehrlichsten Posts auf diesem Blog ist. Ich hoffe, ihr wisst das zu schätzen.
Schlafen kann viele Facetten haben. Ich gehöre zu den Menschen, die leider chronische Probleme mit natürlichem Schlaf haben. Und das ist nichts, was ich mir erst im stressigen Erwachsenenleben angewöhnt habe. Das ist bei mir tatsächlich schon so, seit ich denken kann. Schon als kleines Kind lag ich oft lange wach, habe mich in Gedanken und Ängsten gewälzt. Und als ich aufstand und im Wohnzimmer stand und sagte: Ich habe Angst. Dann wurde ich zurück ins Bett geschickt. Nun ja, das ist nicht gerade die allerbeste Reaktion auf ein kleines Kind, was Angst hat… wovor auch immer. Ich konnte es nicht mal richtig benennen, welche Geister da in mir tobten Nacht für Nacht. Als ich älter wurde, wurden die Probleme natürlich andere. Da gab es Liebeskummer oder eben auch einfach nur den Druck „Schlafen zu müssen“. Als ich zur Schule ging, klingelte mein Wecker jeden Morgen um kurz nach fünf. Klar war es bescheiden, völlig übermüdet im Unterricht zu sitzen. Also war da jeden Abend spätestens um neun Uhr ein extremer Druck einschlafen zu müssen. Auch alles andere als optimal. Im Studium wurden es dann so nach und nach die Erwachsenenprobleme, Zukunftsängste und ähnliches, die mich wach bleiben ließen. Hinzu kamen flashbackartige Erinnerungsschübe, als ich aktiv begann, mich mit einigen Traumata aus meiner Kindheit auseinander zu setzen. Mein Cortisolspiegel (Stresshormon) war/ ist im Grunde ständig erhöht, sodass ich trotz körperlicher Müdigkeit oft meinen Geist kaum beruhigen kann. Fight or Flight ruft es dann die ganze Zeit in mir drin. Das war die Zeit, als ich meine erste Therapie begann und meine Therapeutin mir ein leichtes Psychopharmaka verschrieb, welches mich abends leichter zur Ruhe kommen ließ und meine Stimmung insgesamt ein bisschen stabilisierte. Tatsächlich „lernte“ ich dadurch Schlafen bzw. das natürliche Schlafen wieder ein bisschen. Als ich dann in München lebte und es mir generell relativ gut ging, setzte ich das Medikament wieder ab. Es war gut, ich kam klar. Wie gesagt, es war eine ziemlich stabile Phase. Allerdings kam ich hier auch schon auf die beruhigende Wirkung des Weines. Weshalb ich dann und wann auch mal welchen parat hatte. Wobei ich Alkohol damals noch nicht so gezielt zum Schlafen einsetzte wie später.
Auch die erste Zeit in Berlin hatte ich wenig Probleme mit dem Einschlafen. Ich eignete mir unter der Woche einen sehr regelmäßigen Rhythmus an. Und trank unter der Woche konsequent nichts. Vor allem aber, weil meine Essstörung zu dem Zeitpunkt sehr kickte und jede extra Kalorie ja pures Gift für mich war. Auch die Anfangszeit mit meinem jetzigen Ex-Mann war noch okay. Wir hielten uns immer für so besonders, weil wir zusammen gut einschlafen konnten. Aber mit den Beziehungsproblemen kamen auch die Schlafstörungen zurück. Und diese Probleme waren ja extrem vielschichtig. Zum einen gerieten wir zwischenmenschlich ständig aneinander, es gab Geldsorgen, Sorgen um meine berufliche Zukunft und die Kindheitstraumata waren auch wieder da. Allerdings weigerte ich mich aufgrund der Essstörung diesmal stark gegen Medikamente, aus Angst wieder zunehmen zu können, aus Angst, er würde mich dann verlassen. Zudem war meine damalige Therapeutin echt unfähig, oder sagen wir es so: Die Chemie hat einfach nicht gestimmt. Also schleppte ich mich durch mäßige Nächte. Als wir uns dann endgültig trennten, wurde es (oh Wunder) natürlich auch nicht besser. Ewiges Grübeln, Trauer und ganz viel Wut begleiteten mich Nacht für Nacht. Ich war ein Schatten meiner Selbst.
In der Zeit löste ich viel mit Alkohol. Das Problem: es wurde immer mehr, die Toleranz war irgendwann so groß. Und mir wurde klar, dass ich das meinen Körper auf Dauer nicht antun kann. Ich wollte das nicht und die möglichen Konsequenzen machten mir Angst. Ich ließ mir wieder Tabletten verschreiben, kam diesmal aber gar nicht darauf klar. Ich fühlte mich jeden Morgen wie erschlagen und brauchte jedes Mal ewig, um meinen Tag überhaupt beginnen zu können. Für meine bevorstehende Selbstständigkeit war das nicht gerade förderlich. Also setzte ich die Tabletten wieder ab und versuchte es mit allerhand natürlichen Schlafmitteln, wie CBD, Melatonin, Lavendel, Beruhigungstee und ähnlichem. Alles half nur bedingt, vor allem, weil ich dadurch die Ursachen der Schlafstörung nicht wirklich bekämpfte, sondern nur die Symptome lindern wollte. Ich wollte abends einfach nur tot ins Bett fallen und nichts mehr Denken und Fühlen. Als Alternative zum Alkohol half mir dann Cannabis. Aber auch hier irgendwann das gleiche Problem: Die Toleranzgrenze sinkt. Und dann geht das ja auch noch ins Geld. Zudem schlief ich auch nicht mehr durch und war eigentlich niemals vollkommen erholt am Morgen. Irgendwann kam ich an einen Punkt, wo dann auch aufgrund von sehr aufwühlenden Ereignissen im letzten Jahr gar nichts mehr ging. Ich dachte mir nur, wenn ich jetzt so weitermache, dann nimmt das alles kein gutes Ende. Also griff ich schweren Herzens wieder zu den Medikamenten. Mehr oder weniger, um mein Leben zu retten. Diesmal war der Anfang der absolute Horror. Ich hatte die lebendigsten Albträume, die man sich vorstellen kann. Ich war kurz davor, alles wieder abzubrechen. Aber ich hielt durch. Und dennoch war die Zeit manchmal so intensiv, dass selbst die Kombi aus Wein und Tabletten nicht richtig half und eigentlich war das alles echt totaler Käse. Ich war Ende des Jahres einfach nur fertig und müde und hatte richtig die Schnauze voll von allem. Dann kam der Dry January. Und den hielt ich im Grunde echt nur mit den Tabletten durch. Aber ich schaffte es. Immerhin bekam ich mal wieder ein Gefühl für meine Bedürfnisse. Die Zeit danach war ein Auf und Ab. Ich schlief, aber ich schlief meist nicht erholsam. Und irgendwann fühlte ich mich in meinem Körper auch absolut nicht mehr wohl. Ich lagerte Wasser ein ohne Ende. Und naja… das mit der Essstörung hab ich schon erwähnt.
Also beschloss ich, mich langsam wieder von den Tabletten zu trennen. Das war auch die Zeit, als ich mit MK wieder zusammen gekommen bin. Dennoch hatte ich in mein Schlafverhalten im Grunde kein Vertrauen. Mehrere Nächte versuchte ich, einfach einzuschlafen und lag dann mit nervösem Bauchkribbeln im Bett, bis ich es nicht mehr aushielt und doch ein Glas Wein trank. Eins! Aber ich wollte es doch unbedingt mal ohne schaffen.
Und es war dann auch tatsächlich MK, der mir half, dass ich es schaffte. Es war nur eine Nacht, die ich brauchte, die mich motivierte, es wieder durchzuziehen. Zum ersten Mal seit Monaten, NUR mit ganz natürlichen Helferchen zu schlafen. Und damit meine ich hochdosiertes CBD-ÖL, Melatonin, L-Tryptophan und Ashwagandha.
Aber was war nun MKs Wunder, was mich schlafen ließ?
Ich fang mal anders an. Mein großes Problem beim Einschlafen ist das blöde Grübeln. Da ist ein Gefühl, ich denk drüber nach, ein Gedanke weckt den nächsten und schon bin ich hellwach, Puls auf 180 und an Schlafen ist nicht mehr zu denken. Das ist ein blöder Teufelskreis. Seit Jahren geht das immer wieder so, weshalb ich eine regelrecht Schlafphobie entwickelt habe. MK hat mir beigebracht, dass Gefühle okay sind und dass man Gefühle einfach nur fühlen kann, ohne ihnen eine stärkere Bedeutung zu geben. Und vor allem, dass Gefühle wieder weggehen und einen nicht umbringen. Das hat eine ganze Weile gedauert, bis ich das kapiert hatte. Ich hatte in der Vergangenheit, mein ganzes Leben schon immer echt starke Emotionen und oft fühlte es sich so an, als könnte ich diese nicht aushalten, als würde ich innerlich kaputtgehen, wenn ich mich dem nur eine Sekunde länger aussetze. Und vermutlich braucht es auch eine gute Phase, wo alles nicht so intensiv ist. Aber das ist gut, das kann ich nutzen.
Er sagte, ich solle mir vorstellen, dass mein inneres Kind von zwei Jugendlichen geärgert wird, dem inneren Antreiber und dem inneren Kritiker. Der eine sagt „Schlaf jetzt“ und der andere sagt „Es ist scheiße, wenn du nicht schläfst!“. Es ist die Aufgabe des gesunden Erwachsenen, diesen Streit zu schlichten. Den Kritiker und den Antreiber ruhig zu stellen und dem Kind seine Gefühle zu lassen. Gefühle dürfen da sein. Das ist etwas, was mir in meiner eigenen Kindheit nicht so klar geworden ist.
Ich habe diese gesunde Erwachsene in mir und die kann sich um die Kleine kümmern, egal was diese gerade empfindet.
Dieses Fühlen ist eine Sache, die ich mehr und mehr übe. Es ist das Erlernen einer neuen Sache und das Verlernen von alten Gewohnheiten. Wir haben noch eine zweite Sache gemacht. Meine vorherrschenden Gefühle sind Wut, Trauer und Angst. Klingt alles negativ. Ich habe gelernt: negative Gefühle „dürfen“ nicht da sein. Was aber, wenn wir den negativen Gefühlen etwas Positives mitgeben?
Wut gibt Energie und treibt einen an, besser zu werden, sich aufzulehnen, voranzukommen. Ohne meine Wut hätte ich vermutlich so einiges nicht geschafft und wäre nicht da, wo ich bin.
Trauer heißt, wir sind traurig über geliebte Dinge, die wir vielleicht verloren haben. Trauer bedeutet, wir können lieben.
Angst macht vorsichtig, Angst verleiht Taten eine gewisse Besonnenheit. Sonst würde ich vermutlich furchtlos und leichtsinnig durch mein Leben rennen.
Und so bekommen alle drei Emotionen plötzlich positive Konnotation und fühlen sich plötzlich gar nicht mehr so hart und schlimm und unerträglich an.
It´s magic.
Und natürlich ist das nicht das Allheilmittel für den besten Schlaf. Und ich habe darauf auch manchmal keine Lust. Und oft funktioniert es auch nur dann richtig gut, wenn ich generell eher gelassen bin und mich nichts Akutes belastet. Aber wie eben erwähnt, ist es ein Lernprozess. Und ich kann jeden Tag damit weiter machen und jeden Tag darin besser werden. Und irgendwann wird es nicht mehr so anstrengend sein. Und darauf freue ich mich schon.