Nach mehr als zwei Jahren, in denen wir pandemiebedingt teilweise nur eingeschränkt proben konnten, war es jetzt endlich wieder so weit: Probenwochenende! Am Freitagnachmittag machten wir uns auf den Weg nach Brandenburg in eine Jugendherberge am See. Das Wetter versprach herrlich zu werden. Es fühlte sich ein bisschen an wie Urlaub. Und irgendwie war es das auch. Ich zumindest konnte prima vom Alltag abschalten und mich komplett fallen lassen. Diese Probenwochenenden sind für mich immer uneingeschränkte Quality-Time, immer. Ich kann mich nicht erinnern, mal schlechte Laune gehabt zu haben. Klar, man vielleicht mal weniger motiviert zur Probe. aber im Großen und Ganzen kommt es am Ende auch immer auf die Leute an.
Nachdem ein paar organisatorische Hürden genommen waren, hatten wir nach dem Abendessen eine tolle erste Probe. Danach gingen wir zum gemütlichen Teil über, was in der Regel bedeutet: Party hard! Ich gestehe, das ist schon mein Lieblingsteil des Probenwochenendes. Wer hätte es gedacht.
Es wurde getanzt, gefeiert, getrunken und gelacht. Mein persönliches Highlight war das nächtliche Nacktbaden im See. Und um ehrlich zu sein, hab ich mich doch ein bisschen gewundert, dass keiner von uns ertrunken ist.
Danach ging die Party weiter bis in die frühen Morgenstunden. Nach weniger als fünf Stunden Schlaf klingelte uns der Wecker aus dem Bett. Wer feiern kann, der kann auch arbeiten, heißt es ja so schön. Da der überwiegende Teil unserer Musiker*innen zum Partyvolk gehört, ging es uns wenigstens alles gleich und wir katerten uns gemeinsam durch die erste morgendliche Probe. Am Nachmittag hüpften wir alle noch einmal gemeinsam in den See. Das machte uns wach. Die Proben waren anstrengend, aber überaus produktiv. Trotzdem waren wir am Ende nicht böse, dass wir am Samstag ein kleines bisschen eher in den wohlverdienten Feierabend entlassen wurden. Nach der Probe ist vor der Probe. Die ganz harten setzten sich noch einmal an die Instrumente zur sogenannten Spaßprobe, wo dann einfach random Stücke aus unserem Unterhaltungsprogramm gespielt werden. Da ich auch am Sonntag noch Lippen haben wollte, entschied ich mich für Team Publikum. Tanzen, singen und schunkeln erschien mit angenehmer. Und irgendwer musste ja Party machen zu der Musik. Ich finde, wir schlugen uns super. Und als ich da so stand, mit „meinen“ Jungs, war ich richtig happy. Ich hatte mich bisher immer sehr wohl gefühlt im Orchester, auch wenn ich am Anfang etwas Startschwierigkeiten bei der Integration meiner selbst hatte. Das lag damals aber eher daran, dass ich gar nicht so recht ich selbst war und mein Ex-Mann mich auch immer ziemlich abgeschirmt hat, oder eben immer überall dabei sein wollte. Wie dem auch sei. Obwohl es in den letzten zwei Jahren ja teilweise nur unregelmäßige Proben und noch weniger Auftritte gab, habe ich endlich eine richtig coole Clique und bin darauf ziemlich stolz. Und das sagte ich den Jungs dann auch. #herzmoment
Alles ist ja nie perfekt und so gab es eine Sache, die mich (schon im Vorfeld) etwas geärgert hat. Mir kam nämlich zu Ohren, dass eines unsere neuen Mitglieder „vor Elli gewarnt wurde“. Erst fand ich es lustig, aber irgendwie störte mich diese Aussage bald massiv. Gewarnt wurde nämlich vor meiner sexuellen Aktivität, die ich (natürlich) schon bei früheren Probenwochenenden immer mal wieder ausgelebt habe. Das passierte aber immer mit Konsens aller und dabei wurde keiner verletzt. Jetzt frage ich mich natürlich, was es da zu warnen gibt. Es ist ja nicht so, dass diese Männer mir alle willenlos verfallen sind in der Vergangenheit. Und wer mich kennt, weiß, dass Sex mir zwar sehr wichtig ist und ich eben auch gern welchen habe, dass es mir dabei aber vorrangig nicht um die schnelle Nummer geht und vor allem, dass ich auch ohne kann. Aber ich möchte hier gar nicht anfangen, mich zu rechtfertigen.
Was mich stört ist, wer Interesse an mir hat, der liest hier mit oder der hört mir zu und fragt nach und urteilt nicht einfach so über meine Taten. Polyamorie ist keine Krankheit, ansteckend schon gar nicht.
Tatsächlich fand ich dann noch den Mut, das Thema anzusprechen und ich war froh, dass mir viele auch den Rücken stärkten. Ich fragte mich dann lange, ob ich wissen möchte, wer diesen blöden Spruch gebracht hatte. Und es gab einige Personen, die ich in Betracht zog, da hätte es mich wirklich ziemlich enttäuscht. Als ich es erfuhr, war ich dann allerdings gar nicht überrascht und beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Es gibt Menschen, da wäre mir das irgendwie wichtig gewesen, das anzusprechen, es gibt aber auch welche, bei denen ist es mir herzlich egal. Ich fand es insofern richtig schade, als ich auf der gemeinsam Rückfahrt noch dachte, Mensch, mit denen kann man eine gute Zeit haben. Vielleicht doch mehr Schein als Sein. Schade.
Alles in allem war das Wochenende wirklich legendär. Und ich war ziemlich froh, dass eine gewisse Person, der ich mich im letzten Jahr etwas zu sehr geöffnet hatte und die mich ziemlich verletzt hat, nicht mit dabei war, denn womöglich hätte ich mich dadurch wesentlich unfreier gefühlt.
Und neben all den sozialen, positiven Errungenschaften des Wochenendes, fühle ich mich top vorbereitet auf unser erstes postcorona Saalkonzert und kann es kaum noch erwarten, endlich wieder auf großer Bühne zu stehen.
Weiter so!
LikeLike