Polyamorie – The end?

Jain. Zunächst mal soviel: ich habe mich nach (sehr) kurzer Zeit von einem meiner aktuellen Partner wieder getrennt. Wie es dazu genau kam, darauf will ich hier gerade nicht weiter eingehen, zumal es generell auch gar nichts zur Sache tut. Fakt ist, durch einen kleinen „Zwischenfall“, der mich sehr getriggert hat, bin ich aus meiner rosaroten Blubber-Wolkenblase aufgewacht und habe der ganzen Sache einmal realistisch entgegengesehen. Und dieser realistische Blick, hat mir gesagt: Elli, das ist zu viel für den Moment. Und es hat mich echt Überwindung gekostet, mir selbst einzugestehen, dass ich mit der ganzen zweifachen Beziehungskiste schlicht überfordert bin. Ich merke sowas immer dann, wenn ich am liebsten den Kopf in den Sand stecken und gar nichts mehr von allem wissen möchte. MK sagt auch gern mal, dann kommt die Stachel-Elli zum Vorschein. Dann löse ich mich entweder in Luft aus, oder ich werde richtig fies und verletzend zu Menschen, die mir eigentlich am Herzen liegen. Ich habe MKs Rat befolgt und bin nicht stachelig geworden, sondern habe mich zurückgezogen. Was am Ende irgendwie auch keine Glanzleistung war und eigentlich nur dazu führte, dass Mr. Z, der ganz offensichtlich eine blühende Fantasie und mehr Hang zur Dramatik hat, als ich es ahnte, sich eben selbst seine Schlüsse daraus zog. Und als ich mich mit ihm traf, um „Schluss“ zu machen, hatte er die Sache für sich im Kopf eigentlich schon abgehakt. Jaaa, auch gut.
Also insofern gut, dass wir beide da Macken am jeweils anderen feststellt haben, die irgendwie doch Bedeutung haben. Ich bin im Nachhinein froh. Klar, es hätte klappen können, wir hätten das auch erst nach Monaten herausfinden können, dass es nicht klappt. Wie dem auch sei. Diese Überforderung, wie ich sie von mir kenne, die wäre früher oder später gekommen. Und dann habe ich, wie ihr wisst, ganz schnell die Laufschuhe geschnürt und bin weg. Also noch eine Sache, über die ich echt froh bin. Ich lerne, mein Chaos gleich zu richten und nicht erst gegen fünf weitere Bäume zu knallen. Und ja, ich hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber ich muss mir auch immer vor Augen halten, dass ich niemanden mit Absicht ausgenutzt oder verletzt habe.

Wir sind jedenfalls am Ende im Guten auseinander gegangen. Als er feststellte, was bei mir Ursprung der Flucht und meines Verhaltens war, konnte er es auch ein bisschen verstehen. Und aus: „Ich will dich nie wieder sehen“, wurde ein „Lass es uns ganz langsam nochmal freundschaftlich versuchen“. Das fühlte sich schon besser an. Denn natürlich hatte ich innerhalb weniger Tage nicht aufgehört, ihn zu mögen.

Es ist ja alles immer für irgendetwas gut und das sage ich auch diesmal. Für Mr. Z vielleicht ein schwacher Trost, aber MK und mir hat diese Sache gut getan. Ich habe mich generell in den letzten Wochen viel mit mir und meinen Bedürfnissen befasst. Und ja – typisch ich – war alles mal wieder viel aufregender und dramatischer, als gewollt. Mein Therapeut holte mich da echt ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurück, indem er mir nahelegte, die Dinge etwas gelassener zu sehen und vor allem mich einfach mal so anzunehmen, wie ich bin. Ich bin eben impulsiv und launisch, romantisch und ein bisschen verrückt. Was ich nicht bin: böse, fies, manipulativ. Ich bin okay. Sicher passe ich nicht jedem, muss ich aber auch gar nicht.

Was MK betrifft, haben viele meiner Freunde skeptisch reagiert. Berechtigt! Keiner traut Beziehungen beim dritten Anlauf, vor allem, wenn da schon so viel Drama passiert ist. Und ich bin wirklich schon legendär mit meinen aufgewärmten Sachen. Aber was solls, ist ja mein Ding. Auch hierzu sagte mein Therapeut mir etwas, was ich mittlerweile sehr, sehr deutlich spüre und das jeden Tag: Die Beziehung wirkt erwachsener, gefestigt und nicht mehr so „aufgeregt“ wie noch im letzten Jahr. MK ist mein treuer Berater, mein leidenschaftlicher Liebhaber, mein verschmuster Couch-Buddy und manchmal auch ein hilfebedürftiges Kind. Wir kennen uns mittlerweile so gut, dass wir die Macken des andern gut aushalten und einschätzen können und es uns auch relativ leicht fällt, zu erkennen, was der andere gerade braucht. Und trotz all dieser Dinge, die wir wissen, erfordert diese (wie jede) Beziehung Kraft und Aufmerksamkeit. Ich habe ja ohnehin schon ein extrem ereignisreiches und ausgefülltes Leben. Daher, war es irgendwie fast klar, dass zwei dieser engen Beziehungen, mich schnell an meine Grenzen bringen würden. Aber das ist natürlich nicht das Ende der Polyamorie. Darüber bin ich mir auch nochmal klarer geworden. Ich lebe schon lange polyamor, ohne es je für mich als solches definiert zu haben.

Seit ein paar Wochen ziert meine linke Schulter ein neues Tattoo. Es ist eine Art Planeten- bzw. Sonnensystem mit kleinen und großen Planeten, Galaxien, Meteoriten, Raketen und was da sonst noch so fliegt. Alle sind unterschiedlich groß, bewegen sich unterschiedlich schnell und kreisen doch alle irgendwie umeinander. Dieses Tattoo steht für meinen Polyamorie-Orbit. Und ich danke den Menschen, die mich dazu inspiriert haben.

In den letzten Wochen habe ich gemerkt, dass ich bei MK keine Angst mehr habe vor meinen Gefühlen. Ich nehme ihn an als Partner an meiner Seite und das ist für mich nicht selbstverständlich. Und ich spüre Sicherheit. Ein Gefühl, welches ich so aus verschiedenen vergangenen Beziehungen nicht kenne. Und manchmal möchte ich einfach nur weinen, weil mich das krass überwältigt. Und ich wünsche mir diesmal nichts sehnlicher, als dass es bleibt. Ich weiß, dass Liebe und diese ganzen positiven Gefühle nicht alle meinen Wunden heilen, da muss ich schon selbst dran arbeiten. Aber nicht mehr ganz so kaputt zu sein, einen Anker zu haben, es anzunehmen, dass jemand da ist, der mich von ganzem Herzen unterstützen will, das ist schön und das will ich. Und ich hoffe sehr, dass ich dadurch die Kraft und Energie finde, meine anderen Baustellen weiter zu bearbeiten und weiter zu heilen.

Und nun schlage ich nochmal den Bogen zur Polyamorie. Ich glaube, Menschen, die in diesem Beziehungskonzept leben, haben besondere Antennen, was Offenheit, eigene Bedürfnisse und Kommunikation angeht. Bitte versteht mich nicht falsch. Ich sage hiermit nicht, dass monogam lebende Menschen das nicht auch können, keinesfalls.
Polyamorie ist kein Freifahrtschein fürs „Fremdgehen“. Polyamorie ist ein offenes und ehrliches Miteinander von unterschiedlichen Menschen, die ihre eigenen Bedürfnisse kennen und dem/den Partner/n die jeweiligen gönnen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.

3 Gedanken zu “Polyamorie – The end?

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