Manchmal muss man einfach Glück haben. Obwohl… soviel hat es nicht mit Glück zu tun, dass ich spontan auf eine Pressereise nach Istanbul eingeladen wurde und das, obwohl ich gar keine Journalistin bin.
Einer meiner Geschäftspartner eines Magazins, für welches ich arbeite, hatte die Einladung bekommen und konnte selbst aus privaten Gründen leider nicht hinfahren. Und ja, er hätte einen der anderen zahlreichen Handelsvertreter, die für ihn arbeiten, fragen können. Er hat aber mich gefragt. Und weil ich nicht dumm bin und weiß, dass sich solche Chancen nicht unbedingt zweimal im Leben bieten, habe ich ganz spontan ja gesagt und musste mich danach kurz sammeln. Eine knappe Woche später saß ich im Flieger.
Ich flog gemeinsam mit acht weiteren Journalisten (ja, alles Männer) nach Istanbul auf die Costa Venezia. Die Reederei launcht eine neue Route und hat daher vorab ein exklusives Medienevent für Journalisten aus ganz Europa veranstaltet. Und ICH durfte Teil davon sein. Mein innerer Monk schlug Purzelbäume. Die Anreise klappte ohne Probleme, am Zielflughafen fand ich meine „Reisegruppe“ und per Bustransfer ging es in die City zum großen modernen Hafen. Dank Corona und Co. war das Embarking Prozedere dann doch ein ziemlich langes Unterfangen, was mit einigen Wartezeiten verbunden war. So war bei Ankunft auf dem Schiff nur noch Zeit für den Outfitwechsel zum Abendessen und nicht zum Relaxen und schon gar nicht für eine Schiffsbesichtigung. Ich wurde dann allerdings schnell entschädigt, denn beim Meeting an der San Marco Bar, gab es direkt ein paar kühle Cocktails. All incklusive versteht sich. Außerdem hatten wir dann doch noch etwas Zeit, denn was italienische Pünktlichkeit angeht, sollten wir in den nächsten Tagen lernen, dass hier eher große Flexibilität angesagt war, was vereinbarte Zeiten angeht. (Costa kommt aus Italien) So blieb Gelegenheit, meine Mitreisenden kennenzulernen und zu erfahren, wer für welches Medium an Board war. Bis auf einen 26-jährigen Kreuzfahrt-Blogger waren alle Herren 10-20 Jahre älter als ich. Aber das störte mich im Grunde gar nicht, zumal ich es in meinem Job gewohnt bin, dass ich meist die jüngste bin und das mit Abstand.
Als es endlich losging zum Abendessen, trafen wir auch unseren deutsch-türkischen Guide, der uns die nächsten Tage durch Istanbul begleitete. Der Weg führte uns entlang des Hafens zu einem Boot, welches uns ca. 40 Minuten durch den Bosporus zu einem sehr edlen Restaurant schipperte. Es gab ein wirklich delikates Vier-Gänge-Menü begleitet von vorzüglichem Wein. Die Gläser waren niemals leer.
Im Anschluss gab es noch Drinks an einer der 8 Schiffsbars, bis ich um zwei Uhr nachts erschöpft in mein Bett fiel. Das Bett in der Balkonkabine war übrigens ein Traum! Ich schlief wie ein Baby.
Der nächste Tag startet mit viel Sonne und einem Kaffee auf der Sonnen-Terrasse am Heck des Schiffes. Endlich hatte ich etwas Zeit, das 323 Meter lange Schiff ein bisschen zu erkunden. Es mangelte an nichts. Die Venezia war, wie der Name schon sagt, der italienischen Stadt Venedig nachempfunden. Das Restaurant Canal Grande war das Highlight mit echten venezianischen Gondeln. Ansonsten hatte man den italienischen Charme wirklich wunderbar inszeniert. Manchmal kam ich mir auch echt vor, wie auf der Titanic. Insgesamt gab es 13 Themen-Restaurants und 8 Bars, in denen kein Wunsch unerfüllt blieb. Das Personal war immer schnell und freundlich. Außerdem gab es auf dem Dach einen Hochseilgarten, ein Rutschenparadies und natürlich Pools und jede Menge Liegestühle. Zusätzlich gehörte ein Spa-Bereich mit Fitnessstudio zum Schiff. Ich hoffte, ich würde die Tage noch Gelegenheit bekommen, alles einmal zu testen.
Es gab an diesem Vormittag auch eine Pressekonferenz, bei der die wichtigsten Costa-Männer alles Mögliche zum Schiff erklärten.
Da ich selbst noch arbeiten musste, war nach der PK für mich der erste Moment auf der Reise, wo ich endlich mal durchatmen konnte. Es war 12 Uhr mittags und ich gönnte mir in der Aperol Spritz Bar am Bug ein kaltes Getränk und ließ mich in einem Liegestuhl nieder. Dort genoss ich ganz kurz einfach nur dieses verdammt geile Leben. Und holte mir natürlich einen Sonnenbrand.
Danach begann das eigentliche Programm: Sightseeing. Ein Bus brachte uns zu einem kleineren Schiff, welches ein bisschen nach Piratenschiff aussah. Dort gab es bei herrlichem Wetter und leckerem, türkischem Essen eine ausführliche Tour über des Bosporus bei Tag. Danach besichtigten wir noch den Wohnsitz der damaligen Sultane und deren Harem, sowie eine tolle Aussichtsplattform auf der asiatischen Stadtseite. Ich war völlig überwältigt von all den Eindrücken und entsprechend gerädert, als wir auf das Schiff zurückkehrten. An diesem Abend dinierten wir im Canal Grande Restaurant, dem Herzstück der Kulinarik des Schiffes. Zuvor gab es natürlich wieder Aperitifs an der Bar. Ich entdeckte dabei den Americano für mich. Ein Aperitivo mit Vermouth, Campari und Soda, sozusagen der leichte Negroni. Das Essen war diesmal eher so lala. Es gab viel fleischlastiges und die Alternativen waren bis auf die Vorspeise überschaubar, sodass ich an dem Tag allgemein ziemlich hungrig blieb. Da ich nicht wieder den ganzen Abend in der San Marco Bar verbringen wollte, weil die mir auch irgendwie zu hell und ungemütlich war, setzte ich den Wunsch durch, Bar Hopping zu machen und suchte dann auch die Bars aus. Wir schafften sage und schreibe zwei Bars, weil meine Regel „jede Bar ein Drink“ irgendwie nicht so richtig eingehalten wurde. Dafür gab es in der zweiten Bar sehr gute Livemusik. Zwei begnadete Sängerinnen spielen jede Menge Hits und Evergreens und schon kam da er nächste Wunsch: Ich wollte tanzen… am letzten Abend dann.
Tag drei startete stürmisch und wieder ohne Frühstück, weil ich vergessen hatte, dass Samstag war und mein Wecker nicht klingelte. Ich erwachte allerdings noch rechtzeitig, um den Aufbruch zur Hagia Sofia nicht zu verpassen. An dem Tag erfüllte sich ein lang gehegter Wunsch von mir: einmal die Hagia Sofia sehen und natürlich auch reingehen. Unser Guide zeigte und erklärte uns alles. Ich mochte ihn, weil er es gut drauf hatte, die Dinge auf den Punkt zu bringen und nicht ewig zu schwafeln und weil er unsere Wünsche respektierte, ein paar Punkte auf der Liste der Aktivitäten zu streichen, um den Tag etwas entspannter zu gestalten. Die Hagia Sofia enttäuschte mich nicht. Drin musste man die Schuhe ausziehen und die Frauen mussten Kopftuch tragen. Das respektierte ich natürlich im Gegensatz zu einigen anderen Touristen, denen die „hübschen“ Fotos offensichtlich wichtiger waren, als Respekt vor dem Gotteshaus.
Das Mittagessen fiel für mich ebenso dürftig aus, wie das Abendessen am Abend zuvor. Danach ging es ins Hamam, welches direkt an der Hagia Sofia gelegen war. Dort hatte ich im wahrsten Sinne des Wortes meine Ruhe, da Männer und Frauen natürlich getrennt waren und auch so, war das Hamam an frühen Nachmittag noch recht leer. Ich genoss die Atmosphäre und den Luxus, einmal von oben bis unten eingeseift und massiert zu werden. Am Ende konnte man im gemütlichen Vorraum noch in Handtücher eingewickelt Tee trinken und weiter entspannen. Die Damen dort waren sehr freundlich und zuvorkommend. Für mich war es das perfekte Entspannungsprogramm. Danach folgte noch ein Besuch auf dem berühmten großen Basar, wo es hauptsächlich Gewürze, Lokum (eine traditionelle türkische Süßigkeit), Tee, Schmuck, Keramik und gefälschte Markenartikel gab. Ich kaufte am Rande des Marktes etwas Tee und eine Menge Lokum als Mitbringsel für meine Freunde. Ansonsten schaute ich mich nur um und versuchte aufdringlichen Händlern zu entgehen. Der Basar glich einem Labyrinth und ich hatte Probleme zur angesagten Zeit, das richtige Tor wiederzufinden.
Danach entschied ich mich, statt mit dem Bus, zu Fuß zurück zum Schiff zu laufen. Es lohnte sich. Ich kam noch über die Galatabrücke, auf der türkische Männer im Bosporus angelten und konnte ein bisschen hektisches Istanbul aufsaugen. Sowas liebe ich ja.
Am Schiff angekommen, hatte ich dann ganz plötzlich doch etwas Stress. Meinen Plan, noch in den Whirlpool zu gehen, hatte ich aufgrund des Wetters zwar am Tag zuvor schon verworfen, aber ich musste doch zumindest einmal das Fitnessstudio getestet haben. Und da relativ spontan verkündet wurde, dass wir bereits 19.00 Uhr zu Abend essen, also die Aperitifs um 18.30 Uhr eingenommen wurden, wurde die Zeit dafür etwas knapp. Ich beeilte mich also. Aber bei einem über 300 m langen Schiff, sind die Wege eben etwas weiter. Im Grunde war der Weg schon Workout genug. Und eigentlich war es wirklich nur Alibitraining, aber immerhin. Ich war da und habe Geräte benutzt. Auf dem Rückweg gabs noch einen Martini to go am Sonnendeck… so viel zum Thema Workout.
Ich schmiss mich in mein letztes verbleibendes schickes Outfit, schlüpfte in meine Pumps und machte mich auf den Weg zur Bar. Mittlerweile war ich mit den Jungs so warm geworden, dass wir und ohne Umschweife über alles Mögliche unterhalten konnten. Es ging natürlich viel ums Business. Ich bekam eine Menge Anerkennung. Außer über meine Scheidung redete ich aber wenig über Privates, also zumindest nicht den harten Shit. Trotz Alkohol hatte ich mir geschworen, an diesem Wochenende die dunklen Seiten einfach zu Hause zu lassen. Und das war in jeglicher Hinsicht gut. Zum einen war es immernoch ein Businesstrip, zum anderen wollte ich endlich mal wieder mehr sein, als eine traumatisierte Depribraut. Und es wirkte. Ich bekam auf dieser Reise nochmal einen ordentlichen Schub in Sachen Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Sei es die Auswahl meiner Outfits oder wie ich mich selbst präsentierte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich alle begeisterte. Und das merkte ich vor allem am sehr respektvollen Umgang der Männer mir gegenüber. Es gab keinerlei Anzüglichkeiten, oder Ähnliches… Sicher mochte jeder seine individuellen Gedanken zu mir haben. Aber das gönne ich jedem. Generell war es ein tolles miteinander. Absprachen, Kompromisse… alles lief sehr diplomatisch ab. Es gab keinen Stress.
Das letzte Dinner war dann ein absolutes Highlight. Wir waren beim Tepannyaki. Das sind die asiatischen Restaurants, wo der Koch das Essen live zubereitet und nebenbei noch eine kleine oder auch große Show abliefert. Wir wurden nicht enttäuscht. Und die Auswahl der Gerichte traf diesmal auch wieder meine Ernährungspräferenzen. Der Koch lieferte eine Show vom Feinsten, von Gesangseinlagen über fliegendes Omelette war alles dabei. Und das Essen schmeckte wirklich fantastisch. Danach versuchten wir das Bar Hopping des Vortages weiterzuführen. Wir schafften es aber auch diesmal nur in zwei Bars. Die zweite war dann auch wieder die mit der Livemusik. Ein kleines Highlight dort war eine venezianische Gondel in Originalgröße. Übrigens noch eine Neuentdeckung auf der Cocktailkarte: Ginger-Mojito.
Zum Tanzen kam es am Ende doch nicht, da außer der Betrunkenste und gleichzeitig älteste, den ich ohnehin nicht so ganz sympathisch fand, keine wirklichen Anstalten machte. Zudem war die Musik zwar wieder echt gut, aber eigentlich nicht wirklich tanzbar.
Daher blieb es wieder bei entspannten Gesprächen. Ich genoss es einfach nur, solange, bis sich die Runde auflöste. Ich war mal wieder die Letzte…
Tja und dann am nächsten Morgen stand nur noch die Heimreise auf dem Programm. Was auch hieß, dass wir echt früh rausmussten. Aber – und jetzt komme ich wieder zum Thema italienische Pünktlichkeit – wir haben gelernt, man kann gut 15-30 Minuten später zum vereinbarten Treffpunkt kommen, das ist noch voll im Rahmen. Nachdem wir nämlich mehrfach lt. deutscher Pünktlichkeit erschienen waren, mussten wir öfters lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Und so warteten wir auch an diesem Morgen, trotz einkalkuliertem Delay etwas länger. Zum Glück waren wir trotzdem noch überpünktlich am nagelneuen Istanbuler Flughafen. Da kann sich der BER echt eine Scheibe abschneiden, aber lassen wir das. Die Verabschiedung war allseits herzlich und als ich da plötzlich allein auf dem Weg zu meinem Gate war, fühlte ich mich plötzlich ganz schön verloren. Irgendwie hatte ich mich an „meine Männer“ gewöhnt. Und wer mich kennt weiß, dass ich Abschiede hasse. Daher hatte ich doch einen echten Kloß im Hals, als ich in meinen Flieger stieg.
Voller Dankbarkeit blicke ich auf die vier Tage zurück und kann nur noch einmal sagen: Alles richtig gemacht. Es war ein einmaliges Highlight in jeglicher Hinsicht. Und ein bisschen kann ich jetzt verstehen, wieso Menschen Kreuzfahrten machen. Zum einen ist die Venezia als schwimmende Stadt ein ganz besonderes Schiff. Zum anderen kann man wirklich viel von der Welt in relativ kurzer Zeit sehen. Und der Luxus kommt definitiv nicht zu kurz. Nachdem ich es einmal ansatzweise erlebt habe, möchte ich es beinahe sogar empfehlen, einmal im Leben eine Kreuzfahrt gemacht zu haben.
Ja, diese Veranstalter lassen sich auf Pressereisen nicht lumpen. Mir ist das mitunter schon zu viel.
Aber klasse, wieviel Du aus dem Trip mitgenommen hast.
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Da hast du recht. Ich behaupte, dass ich ein sehr dankbarer Gast bin und Entgleisungen habe ich auf der Reise auch keine bemerkt. Dennoch ist mir diese Art von Journalisten durchaus bekannt.
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Das ist mitunter dann auch für die Gruppe ein Problem. Ich war mal auf ’ner Tour, da wollte eine Kollegin unbedingt um 17 Uhr Feierabend haben. Lächerlich, aber die hat das durchgezogen. Könnte da ’ne Menge erzählen, aber besser off blog.
Da hätte ich ja manche Einladung auch an Dich abtreten können 🙂 Letztlich fragt doch kaum einer nach, für wen Du schreibst oder auch nicht.
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Haha… ehrlich. Also wenn man sowas macht, ist doch klar, dass da Arbeit und Vergnügen ein wenig verschwimmen. Naja…
Und ja, tatsächlich muss man da niemandem Rechenschaft ablegen… mein Artikel ist auch eher winzig…
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Sehe jetzt erst Deine Antwort hier, sorry.
Hat Dich überhaupt jemand gefragt, für wen Du was schreibst? Die sind doch letztlich alle froh, wenn überhaupt wer kommt. wobei die Schiffsnummer bestimmt Anklang gefunden hat. – Manch Pressereise läuft ja eher unter dem Motto „Ladenhüter trifft Karteileiche“.
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Also von den wichtigen Menschen hat keiner gefragt…
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