Wer hier schon eine Weile mitliest, weiß, dass ich vor einem Jahr zur klassischen christlichen Fastenzeit, also zwischen Aschermittwoch und Ostern 40 Tage lang so es ging versucht habe, auf Plastik jeglicher Art zu verzichten. Nicht, um danach wieder fröhlich weiter jeden Scheiß in Plastik verpackt zu kaufen, sondern an meinem Kaufverhalten diesbezüglich wirklich nachhaltig was zu verändern. Und tatsächlich habe ich einiges davon auch nach Ostern weiterhin beibehalten und etabliert.
Als dieses Jahr dann Aschermittwoch näher rückte, fragte ich mich, welche Challenge es diesmal für mich geben könnte. Auf Zucker zu verzichten ist keine Option, da ich mich essenstechnisch ohnehin schon sehr einschränke und mich das insgesamt zu sehr triggern würde.
Und da ich in den letzten Wochen und Monaten ohnehin etwas von mir genervt war, was meinen Konsum, also das schiere Kaufen von Dingen angeht, habe ich mich entschieden, dieses Jahr 40 Tage lang auf Konsum zu verzichten. Heißt, außer Lebensmittel und Hygieneprodukte werde ich nichts kaufen.
Wieso das Ganze? Ich muss gestehen, ich bin echt ein Konsum-Opfer. Früher war das so, als ich durchs Einkaufszentrum zum Fitness gelaufen bin, oder eben auf dem Rückweg, dass ich dann mal schnell noch in den Schmuckladen, bei H&M oder sonstwo reinschaute, einfach, weil es eben gerade auf dem Weg lag. Und plötzlich dachte ich, das ein oder andere unbedingt zu brauchen, weil es gerade schick, oder reduziert war. Und so häuften sich die Spontankäufe. Seit der Pandemie hat sich das ein bisschen geändert, allerdings nicht gebessert. Es hat sich eher verlagert. Ich hänge seitdem viel mehr auf Instagram rum und bekomme dort natürlich durch Influencer viele Produkte angepriesen und dann gibt es hier mal einen Rabattcode und da was extra. Zudem bekommt man daraus resultierend auch Werbung eingeblendet. Man bekommt fast täglich Newsletter, die einem immer wieder noch mehr tolle Rabatte anbieten. Und so hat sich bei ein paar Produkten wirklich eine Art Sucht entwickelt. Weil ich immer dachte, na wenn ich das eine Teil jetzt noch kaufe, dann bin ich vollkommen zufrieden. Und so habe ich jetzt bspw. eine wirklich stattliche Sammlung an nicht ganz günstigen Sportklamotten. Die sind gut, keine Frage. Ich brauche auch viele Sportklamotten. Ich hatte auch immer das Geld dafür. Aber dieses Glücklichsein setzte nicht ein. Im Gegenteil. Manchmal steh ich da nämlich vor den ganzen Sachen und kann mich gar nicht entscheiden, weil meine Auswahl so groß geworden ist. Und teilweise trage ich jetzt einfach ständig Sportsachen, weil sie toll und praktisch und bequem sind und ich einfach extrem viel davon habe.
Ich denke, das „Problem“ wird deutlich. Ich merkte immer mehr, dass dieser Überfluss an Dingen und die Tatsache, dass ich mir (fast) alles einfach so kaufen und leisten konnte, irgendwann genau das Gegenteil bewirkte: Ich wurde unglücklich! Also musste ich etwas ändern.
Ich bestellte zunächst sämtliche Newsletter, die jeden Tag in meine Postfächer flatterten ab, um schon mal gar nicht zu sehen, was es gerade so an tollen Angeboten gibt. So ist es ja bei jeder „Sucht“. Die Droge darf gar nicht erst verfügbar sein. Instagram war da schon tückischer. Neben meinem Algorithmus, der mr nach wie vor Werbung einblendet, gibt es da ja auch noch diverse Influencer, die mich jeden Tag mit ihren Rabattcodes locken. Aber, konsequent, wie ich nun mal bin, wenn ich mir etwas vornehme, dann halte ich mich auch daran. Und so gewöhnte ich mir an, wenn ich schon ahnte, die nächste Story wird Werbung sein, direkt weiter zu swipen und mich so dem Kaufdruck zu entziehen. Denn Rabattcodes haben ja oft auch nur eine bestimmte Gültigkeit. Man muss ja zuschlagen!
Bisher klappt die Taktik ziemlich gut.
Weitere kleine Herausforderung sind Empfehlungen von Freunden. Witzigerweise empfahl mir meine beste Freundin ausgerechnet kurz nach Fastenbeginn diverse Modelabel, die sie entdeckt hatte. Das war schon hart, denn die Sachen waren wirklich toll. Aber auch hier blieb ich stark. Eines der Label hat einen Store in Paris, wo ich im Mai hinfliegen werde. Ich nahm mir vor, dann vielleicht mal vor Ort den Store zu besuchen und den Einkauf, sollte ich etwas finden, dann auch wirklich live zu zelebrieren.
Mein Fazit nach guten zwei Wochen ist positiv. Bisher fehlt es mir an nichts. Welche Überraschung! Im Gegenteil, es entspannt mich extrem. Ich setze mich nicht mehr dem Druck aus, Dinge kaufen zu müssen, weil sie gerade günstig sind. Ich spare dadurch enorm viel Geld, welches ich in meine geplanten Reisen stecken werde. Und natürlich spare ich auch Zeit. Größter Faktor für mich ist aber auch, der mentale Stress, der weniger wird. Denn oft kam es vor, dass ich nach dem Shoppingtrip ein schlechtes Gewissen bekam, wenn ich eine Sache nicht wirklich brauchte. Zudem ist online bestellen auch nicht wirklich nachhaltig, wenn man Versand und Verpackung bedenkt. Und ich denke, ich kann und werde mich in den nächsten Wochen auch mal wieder mehr mit den Dingen beschäftigen, die ich wirklich glücklich machen.