… wie 2020 wirklich war…
Wo war ich denn eigentlich mit meinen Gedanken, als ich dachte, dieser schnöde hauptsächlich gecopy-pastete Bilanz-Beitrag könnte irgendetwas über dieses Jahr aussgen, als könnten irgendwelche stumpfsinnigen Zahlen ausdrücken, wie dieses Jahr sich wirklich anfühlte. Also nochmal von vorn…
(Alle folgenden Gedanken erscheinen in wahlloser Reihenefolge, die Abfolge ist rein emotional bedingt und hat keinerlei chronologisch richtigen Ablauf)
Wenn ich an 2020 denke, denke ich an:
Einsamkeit: Ich gaube so einsam wie dieses Jahr habe ich mich selten gefühlt. Einsam im Sinne von allein gelassen, im Sinne von ziellos, ratlos. Aber auch einsam im Sinne von „ich bin gern allein“. Und einsam im Sinne von „ich bin bin allein stark“. Ich habe gelernt, was es heißt allein und einsam zu sein auf eine gute Art und Weise. Ich hab dadurch gelernt, wie es ist, auf mich allein gestellt zu sein, wichtige Entscheidungen zu treffen und auch dahinter zu stehen.
Verliebtsein: endlich habe ich es wieder gespürt, dieses Kribbeln im Bauch, diese Wärme in der Brust und die Geborgenheit bei einem anderen Menschen. Und auch, wenn es nicht hat sollen sein, bin ich dafür dankbar. Wer weiß, ob und wann sich so ein Gefühl wieder einstellt. Mit jeder gescheiterten Liebe halte ich es für unwahrscheinlicher.
Ratlos: Als die erste Welle im Frühjahr kam, trifft Ratlosigkeit den Zustand ziemlich gut. Ich denke, so würde ich sogar die Reaktion aller beschreiben… ratlos, unsicher. Keiner wusste, was kommt, wie lange es geht und was es überhaupt ist. Aus Ratlosigkeit wurde bei mir später Panik. Und dennoch blieb man optimistisch. Im März sagten wir uns, dass das Festival im Mai schon würde stattfinden könne, weil wir es nicht wussten. In ein paar Wochen haben wir das schon überstanden. Jetzt sagen wir uns gleich in pessimistischer Weise, um uns selbst nicht zu viele hoffnungen zu machen, die später wieder zerstört werden, dass der Lockdown sicher noch bis Ende Januar andauern wird. Ratlosigkeit ist einer gewissen Resignation gewichen, gepaart mit mehr oder weniger gesundem Realistmus. Wer es jetzt noch nicht kapiert hat, der verdient nicht mal mehr Mitleid.
Unprofessionell: So fühlte ich mich noch im Januar, ja auch noch im Februar und ich gestehe, im Sommer auch noch dann und wann. Ich wurde in diese Rolle, die ich beruflich nun einnehme, dermaßen hineingeworfen, dass mir der ein oder andere Fauxpas nicht erspart blieb. Aber ich bin ja lernfähig und freue mich, dass diese Unprofessionalität einer sehr professionellen Souveränität gewichen ist. Schwierige Situationen machen mir keine Angst mehr, ich weiß, was ich will und setze das auch durch.
Traurig: diese Emotion war eine sehr vorherrschende in diesem Jahr. Traurigkeit ist für ich eng mit Ratlosigkeit verbunden. Traurigsein ist eine dermaßen schwammige Emotion. Ich verwende das Wort, wenn ich nicht sicher bin, ob ich Trauer, Wut…oder was eben auch immer spüre. Ich war traurig über den Lockdown, über die Tatsache meine Familie weniger zu sehen, über nichtstattfindende Konzerte, über meine Gefühle, meine Beziehung…ich war oft traurig. Wichtig ist, herauszufinden, woher die Traurigkeit kommt, und was sie in dem Moment bedeutet.
Verzweifelt: Ist wohl die absolute Steigerung und war für mich das schlimmste Gefühl in diesem Jahr. Denn aus Unsicherheit wuchs diese Verzweiflung. Ich bin ein großer Freund von Plänen, als ich plötzlich keine mehr machen konnte, hatte ich das Gefühl zu ersticken. Es nahm mir den Atmen, machte mich panisch…lies mich…. NICHT verzweifeln… denn bevor es soweit kommen konnte, besann ich mich. Dennoch nagt ein solches Gefühl an einem und verlangt unglaublich viel Kraft.
Glücklich: war und bin ich nämlich die ganze Zeit. Manchmal merke ich das nur nicht. Ich war und bin gesund, ich war munter, bin es noch. Ich war neben dem ganzen Pandemie-Kram selbst auf einem komplett neuen Weg. Der war steinig und manchmal unsicher. Abe irgendwie machte mich das alles glücklich. Nennen wir es Schicksal, dass der Lockdown zeitgleich mit meiner Selbstständigkeit kam. Aber trotz allen Schwierigkeiten, die es so oder so gab, genieße ich seither dieses Leben. Es ist stressig und anstrengend, aber es bedeutet auch so viel Freiheit und beinahe grenzenlose Möglichkeiten. Ergänzt wird das alles von meiner großen Dankbarkeit über all die Möglichkeiten und neuen Chancen.
Erfolgreich: Das kann man wohl sagen. Aber gut, dazu habe ich auch schon genug gesagt. Aber auch privat möchte ich mich erfolgreich nennen. Ich dachte, meine krasseste Entwicklung habe ich nur nach der Trennung von meinem Ex-Mann durchgemacht. Aber das war lediglich die Verarbeitungsphase. An meinem richtigen Ich habe ich eigentlich erst in den letzten 12-16 Monaten gearbeitet. Und immer wieder halte ich mir verschiedene Bereiche meines Lebens vor Augen und denke, man du hast echt viel geschafft.
Erkenntnisse: Die Liste wäre endlos, würde ich sie anfagen. Viele Erkenntnisse des Jahres haben mit mir und meiner Einstellung zu bestimmten Dingen zu tun. Ich beteilige mich nicht an Zickereien, ich mache, was ich für mich richtig halte und ich halte mich von denen fern, die mir nicht gut tun. Außerdem versuche ich Konflikte anzusprechen und sie aus dem Weg zu schaffen. Soweit die Theorie. An der Praxis arbeite ich mit Erfolg. Und dabei komme ich immer wieder zu dem tollen Satz: Wenn du die Dinge nicht ändern kannst, ändere deine Einstellung dazu. Wirkt Wunder!
Erwachsenwerden: Ich wurde dieses Jahr 30. Klingt verdammt erwachsen. Für viele ist das ja schon die Panik-Grenze zum Altwerden. Für mich ist das nicht so. Ich liebe 30. Ich habe mich darauf gefreut, weil ich mich niemals zuvor so komplett gefühlt habe. Was nicht heißt, dass da keine Luft mehr nach oben wäre. Der Weg ist das Ziel, ist noch immer meine Devise. Aber zum ersten Mal in meinem Leben, habe ich das Gefühl, ich stehe auf meinen Beinen und das richtig stabil. Das ist wunderbr. Ich denke, daraus resultieren viele andere positives Errungenschafen des Jahres. Es dauerte eine Weile, bis ich das verstanden habe und es tat auch an manchn Stlelen immer wieder richtig weh. Aber das ist der Preis, den man zahlt.
Freundschaft: einer der wichtigsten Punkte. An allererster Stelle steht die Freundschaft zu meinen beiden Mädels. Die mehr denn je für mich da waren. Und wir drei haben mittlerweile eine richtig gute Connection, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich wir eigentlich sind. Wenn ich mich bei jemandem ausheulen möchte, dann bei den beiden. Andererseits würde ich für die beiden jeder Zeit alles stehen und liegen lassen. Aber auch darüber hinaus bin ich froh über alle weiterhin bestehenden Freundschaften. Meinem Prinzip bin ich treu geblieben. Es gbt keine ONS und ich habe zu jedem meiner Männer eine mehr oder weniger tiefe Bindung. Und auch, wenn es hier und da auf sexueller Ebene weniger wurde, so sind die zwischenmenschlichen Bande umso intensiver geworden. Wer zu diesem Kreis gehört und das hier liest, weiß wer gemeint ist. Alle aufzuzählen wäre zu viel und birgt leider auch zu viel Gefahr, jemanden unbeabsichtigt zu vergessen. Ich liebe jeden einzelnen auf individuelle Art und Weise und bin dankbar, dass sie mich so nehmen, wie ich bin.
Sexualität: Auch hier habe ich mich weiterentwickelt und meine persönlichen Vorlieben näher kennengelernt. Nicht zuletzt durch die Beziehug mit MK, in der wir oft lange Sessions hatten. Ich kenne meine Präferenzen als Sub, ich kenne meine Funishments, weiß aber auch, dass die dominante Seite in mir nach wie vor schlummert und immer mal wach wird. Wenn ich gut drauf bin, habe ich eine sehr selbstbewusste Sexualität. Dennoch möchte ich daran weiter arbeiten. Was mir fehlt ohne Ende und unglaublich schmerzt, sind unsere Partys. Die schönen Menschen, die Unterhaltungen, kuscheln, vögeln, spielen…am frühen Morgen erschöpft mit der U-Bahn gemeinsam nach Hause fahren. Das will ich wieder haben!
Familie: Hat einen weitaus weniger großen Stellenwert eingenommen als die Jahre vorher. Natürlich war es schön, im Sommer nach 6 Monaten mal wieder zu Hause zu sein. Aber irgendwie fühlte ich mich weniger daheim. Ich weiß nicht, ob es an diesem Erwachsenwerden liegt oder an der Distanz, die noch mehr Distanz schafft. Es macht mich nicht traurig, aber ich stelle eine Veränderung fest. Nennen wir es Abnabeln. Das trifft es noch am ehesten.
Grenzen: Die Pandemie hat mich kurzzeitig an meine Grenzen gebracht. Aber ich habe davor keine Angst mehr. Grenzen zu erreichen ist gut, Grenzen überwinden noch besser. Zwischenzeitlich dachte ich, ich hätte keine Kraft mehr, alles zu bewerkstelligen. Grenzen erreichen heißt eben auch Prioritäten setzen. Das habe ich getan. Mein Job steht an erster Stelle, solange das notwenig ist. Entscheidung getroffen!
Konzerte/Festivals: was für Sachen? Es scheint so fern und so fremd. Gestern noch habe ich mir ein Online-Konzert angesehen. Ich war total ergiffen, in mir verkrampfte sich alles. Kein Applaus, kein Publikum, wie schlimm muss das sein. Ich spürte es kurz aufflammen, dieses Gefühl, wenn dich die Musik voll einnimmt und du einach nur noch tanzen willst. Aber allein auf der Couch ist es einfach nicht das gleiche.
Kreativität: wir waren alle sehr kreativ 2020. Jeder einzelne versuchte für sich das Beste daraus zu machen, bzw. Dinge eben auf andere Art und Weise zu ermöglichen. Ich vermisse jetzt zum Jahresende ein wenig die Wertschätzung dieser Dinge, die dieses verrückte Jahr doch lebenswert gemacht haben.
Spaziergänge: Kenne ich nicht mittlerweile schon jeden Stein in meinem Park? Ja! Und doch habe ich die Natur noch einmal anders schätzen gelernt. Wenn man sonst nichts machen kann, ist ein Park, ein Wald und ein bisschen grün doch viel wert. Und selbst, wenn man einfach nur durch die leere Stadt schlendert, hat das was. Ich einnere mich an eine grandiose Spätitour mit T an Ostern durch das leere Berlin, einmalig.
Parks: ja, ich gestehe, ich war auf dem ein oder andere Rave. Ich hatte Sex im Park, im Wald und auf Wiesen. Im Sommer nahmen wir, was wir kriegen konnten. Wenn ich jetzt daran denke, erscheint es fremd und unwirklich. Dennoch einer der tollsten Sommer überhaupt.
Home-Office-Home-Workout, Home-Everything: Auch eine Sache, an die wir uns erst gewöhnen mussten und die für uns mittlerweile so selbstverständlich geworden ist. Manchmal fühlt es sich komisch an, alles zu Hause zu machen. Manchmal ist es sogar bequemer. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und auch, wenn alles wieder anders wird, wir gewöhen uns dran
Selbstliebe: wenn mich jetzt jemand fragt, wen ich am meisten liebe? Ich bin das. Und das ist verdammt gut so. Hier und da sind noch Dinge, die ich nicht an mir mag, aber auch darauf arbeite ich bin. Soweit gekommen zu sein, macht mich dankbar.
Und während ich hier so vor mich hin tippe, denke ich: war doch alles gar nicht so schlimm, nicht so dramatisch. Um ehrlich zu sein, bin ich froh darüber. Als ich diesen Beitrag plante, waren meine Gedanken weitaus düsterer. Ich genieße es immer wieder, wenn gute und positive Gedanken kommen beim Schreiben. Das hilft beim Verarbeiten.
Und zugleich drängt sich mir die Frage auf: In was für einer Welt leben wir???
Wir haben immer noch Verschwörungstheoretiker und Leugner da draußen, immernocch so viele, die es nicht wahrhaben wollen, während andere Menschen sterben. Das sind die, die nie Angst um ihre Existenz hatten, die es nicht kennen, Verantwortung zu tragen für sich und ihre Mitmenschen. Diese Menschen machen mich wütend und traurig und lassen mich zweifeln.
Ich will so nicht mehr leben. Seit zwei Wochen habe ich meine Wohnung kaum mehr als 2 km weit verlassen. Habe maximal 3 unterschiedliche Menschen live gesehen und das auch nur an insgesamt 3 Tagen. Habe gearbeitet, gelebt, gesportelt, Konzerte gesehen und Weihnachtsfeiern gefeiert … alles hier bei mir. Ich habe verzichtet auf Weihnachtsmärkte, die ich über alles liebe und ich verzichte auf Silvester. Weil ich möchte, dass Normalität und Sicherheit wieder gern gesehene Nachbarn sind.
Dieses Jahr war so hart und anstrengend, so voller Prüfungen und Harausfordrungen. Ich bin froh und dankbar, dass es mir gut geht und dass ich gesund bin, mein größter Wunsch ist Normalität ohne Angst.
Möge Hirn vom Himmel fallen und möge dieses 2021 so viel besser werden, wie wir es alle hoffen und wünschen.
Alles Gute und was Du sonst noch so brauchst in 2021!
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Danke gleichfalls!
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