Sich scheiße fühlen ≠ scheiße sein

Es kommt von Zeit zu Zeit vor, dass man im Leben Dinge über sich selbst gesagt bekommt, die man nicht gerne hört.
Als ich mich damit konfrontiert sah, ich würde in Gesprächen allzu oft das Thema auf mich lenken und auf mein Gegenüber nicht eingehen, war ich zunächst gekränkt. Dann wurde ich traurig und dann fühlte ich mich einfach nur scheiße. Sofort schrillte meine innere Alarmglocke. Ich bin nicht genug, schrie die Stimme in mir. Das gibt einen fetten Minuspunkt auf der Elli-Beliebtheitsskala. Ich bin nicht perfekt. Was erlaubst du dir eigentlich? Das kannst du doch bei anderen Menschen auch nicht ab?

Richtig, ich kann das bei anderen absolut nicht ab. Und jetzt weiß ich, dass es ein Zeichen von Schwäche ist, oder vielmehr Unvermögen gepaart mit Unsicherheit. Die Unfähigkeit, sich mit dem, was der andere gerade mitteilt auseinander zu setzen, zu können, zu wollen… Sei es nun, weil man emotional involviert ist, oder weil man schlicht nicht versteht, wovon der andere redet. Dann sucht man händeringend nach einem Rettungsring, damit man nicht verloren auf dem Meer umher treibt und womöglich untergeht. Und so ein Rettungring besteht dann eben aus Themen, mit denen man sich wohl fühlt, die Sicherheit geben, bei denen man in der Comfort-Zone bleibt. Das habe ich jetzt verstanden.

Und dennoch fühle ich mich scheiße. Ich habe keine Lust, mich scheiße zu fühlen. Vor allem deswegen, weil ich dann ja noch mehr Aufmerksamkeit mit meinem Problem brauche und dann fühle ich mich noch schlechter, weil das ja genau der Kritikpunkt war. Und dann geht dieser Teufelskreis los und am Ende bin ich allein, weil ich scheiße bin. Da renne ich doch lieber einfach gleich wieder weg. Nennt mich komisch, aber genau diesen Geedanken hatte ich und dann war mir nur noch nach heulen zu Mute. Vielleicht verstehen manche Menschen das nicht. Aber genau das ist mir schon einmal passiert…ähm dreimal um genau zu sein. Und selbst nach zweieinhalb Jahren triggert mich das unfassbar stark. Ich war selbst total schockiert von dem Gefühl. Und ich wusste sofort, ich halte das nicht aus. Plötzlich wurde ich so weich und verletzlich. Das kenne ich von mir nicht. 80% meines Lebens verbringe ich mit Arbeit. Da bin ich souverän, da bin ich gut, da bin ich nicht weich. Meine Feinde haben mich stark und hart gemacht. Privat sieht das ganz anders aus. Privat kann ich das nicht. Denn wenn ich privat versage, mir alles entgleitet, dann funktioniere ich womöglich beruflich auch nicht mehr. Schon wieder ein Teufelskreis.

Und dann fange ich an, über meine Baustellen nachzudenken. Und dann kann ich nur noch weinen, weinen, weinen. Man denkt die ganze Zeit, es wäre alles gut. Und irgendwo ist dann doch noch etwas unverdautes. Oder es kommen neue Gedanken, die einen irgendwie aus der Bahn werfen. Und genau genommen, traue ich mich mit meiner aktuellen Beziehung zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren wieder so weit vor. Dieser Trigger wurde also noch die ausgelöst. Und zack da ist er. Mist aber auch.

Wie schaffe ich es, zu differenzieren, diese „Kritik“ wertfrei annehmen zu können? Niemand hat mir gesagt, ich wäre scheiße. Jemand hat mir etwas gesagt, weil er sich wünscht, dass unsere Kommunikation wieder besser funktioniert. Das ist doch eigentlich etwas Gutes. Aber das ist auch anstrengend. Ich bin ein Egoist. Und ich bin vermutlich selbstbezogener als andere. Es würde auch bedeuten, dass ich mich wesentlich verletzbarer mache, als ich es bisher war. Ich habe eine riesige, dicke Mauer um mich aufgebaut. Nichts kommt an mich heran. Ich weiß mich zu schützen.

Es gilt mal wieder, mutig zu sein. Mach einen Schritt ins kalte Wasser, Elli. Geh ein bisschen raus aus der Comfort-Zone. Wer weiß, vielleicht ist das etwas Gutes… Jemand sagte mir, wenn er sich scheiße fühlt, sagte er sich, dass er wohl gerade etwas lernt. Diese Erkenntnis macht das Gefühl nicht weniger scheiße, aber man fühlt sich wohl zufriedener. Ich muss lernen mit dem scheiße fühlen umzugehen. Es bringt nichts, zu bereuen. Aber wir haben immer die Chance, Dinge am nächsten Tag besser zu machen.

4 Gedanken zu “Sich scheiße fühlen ≠ scheiße sein

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