Das Leben geht weiter, von Corona ist kaum noch etwas zu spüren. Oder besser gesagt, wir haben uns an alles gewöhnt. Gewohnheitstiere eben, das hatte ich ja schon gesagt. Es geht also weiter und vor allem geht es voran. Mein kleines Business wächst in der letzten Zeit beachtlich. Ich gestehe, ich bin ein bisschen stolz und das könnte sich hier alles verdammt gut entwickeln. Das heißt aber auch, dass ich aktuell nicht über Langeweile klagen kann. Und, dass ich diesen Sommer wohl – Corona hin oder her – keinen Urlaub machen werde, weil ich keine Zeit habe. Selbst und ständig, so sagt man ja. Und ich denke, ich würde es bereuen, wenn ich jetzt die Zügel schleifen lasse. Außerdem verlassen sich meine langjährigen Partner auf mich und die neuen Partner wollen auch erstmal sehen, was ich wirklich so drauf habe.
Auf der einen Seite genieße ich dieses tolle, selbstbestimmte und vor allem erfolgreiche Leben. Ich mag die Verantwortung, ich mag meine Kunden, ständig unter Strom stehen, etwas schaffen. Kurz: ich liebe meinen Job wirklich. Und dennoch kann einen dieser Druck ganz schön fertig machen. Ich habe das Gefühl, ich kann nicht einfach weg sein, aussteigen. Zum ersten Mal merke ich, dass ich emotional ein bisschen leide. So sehr ich das alles liebe und gern tue, ich merke, ich vermisse Pausen und Abschalten. Meine Gedanken sind fast non stop bei der Arbeit. Und vor allem mache ich mir ständig Sorgen, ich würde nicht genug dafür tun. Das muss sich ändern.
Diese Sorgen wirken sich natürlich auch auf andere Bereiche aus. Damit meine ich mein Sexleben und mein Beziehungsleben. Die Tage bin ich erschrocken, als ich die Worte hörte „Irgendwie habe ich Dich verloren!“. Ich bemerkte den Kloß in meinem Hals und musste schlucken. Ich hatte das auch gemerkt, aber ignoriert. Ich habe mich aus Angst, ihn und uns zu verlieren, weil wir womöglich demnächst weniger Zeit zusammen haben, noch mehr in die Arbeit gestürzt und mich in meiner eigenen kleinen Welt abgeschottet. Ich dachte sogar daran, dass die Beziehung so ja ohnehin keinen Sinn mehr macht. Dass alles ja sowieso nur noch anstrengend wird dadurch. Er arbeitet ja auch wieder und unser Sozialleben wird ja auch wieder angeregter. Naja und was meine Libido macht, während ich mich solchem Druck aussetze und düstere Gedanken wälze, könnt ihr euch ja denken.
Nein, ich möchte nicht die sein, die immer nur Care braucht in einer Beziehung. Ich möchte Liebe geben und bekommen und genauso ist es auch mit dem Sex. Gefühlt ist das alles gerade überhaupt nicht vorhanden. Ich bin ein Eisklotz, der trotz Hitze nicht schmilzt. Und das macht mir Angst. Ich kann mich nicht gut einlassen und ich kann gerade nur so wenig geben. Ist es nur eine Phase? Und wenn ja, wie lange dauert die? Kann ich sie aussitzen, oder muss ich aktiv werden? So viele Fragen und null Motivation nach Antworten zu suchen.
Ich setze mich selbst so unter Druck, in allen Lebensbereichen perfekt zu sein, dass ich am Ende komplett blockiert bin. Blockiert für alles. Und das ist verdammt anstrengend. Wie also schaffe ich es, den Druck soweit raus zu nehmen, dass ich wieder besser funktioniere und mich an den richtigen Stellen entspannen kann?
Oder ist es besser, nicht alles auf einmal zu wollen?
Als ich weniger Arbeit hatte, funktionierte ich in der Beziehung auch besser. Ich merke, dass ich mich besser auf einen Menschen einlassen kann, wenn ich entspannt und locker bin. Abschalten fiel mir ja immer schon so schwer. Aber ist das mein Los? Karriere oder Liebe? Und diesmal ist das kein PMS-gesteuerter Fluchtversuch. Diesmal bekomme ich das Gefühl, das ist eine Grundsatzdiskussion mit mir selbst. Und solange ich rein über den Grundsatz nachdenke, ist auch noch alles okay. Sobald ich an den Menschen denke, der dahinter steht, dreht sich mir der Magen um und mir wird übel. Was mache ich denn nur?
Ich kann nicht aufgeben, ohne alles versucht zu haben. Ich gehe diesmal nicht kampflos. Ich will es doch auch! Und wenn ich scheitere dann richtig.
Das große Problem an meiner Unentschlossenheit ist meine super schlechte Laune, die damit einher geht. Und aus dieser Laune entwickelt sich dann so eine ekelhafte Antihaltung und die lässt mich Dinge komplett konfus wahrnehmen. Was ich letzte Woche noch süß und sexy fand, nervt mich diese Woche extrem und das ist verdammt nochmal nicht fair. Dann finde ich nämlich echt mehr als nur ein Haar in der Suppe.
Eventuell sollte ich mir wirklich mal wieder etwas Me-Time gönnen. Mal ohne Ablenkung einfach entspannen und die Gedanken kreisen lassen. Denn das kam in der letzten Zeit auf jeden Fall zu kurz. Und wenn ich Glück habe, entwirrt sich vielleicht mein Gedankenchaos dadurch. Es ist auch nicht von Bedeutung in welche Richtung all das läuft. Wichtig ist, dass ich wieder klar komme.