FantaC Vol. XV: Changes – Zwischenbilanz

Eigentlich liegt dieser Beitrag schon seit Beginn der Krise als Entwurf bereit. In der Hoffnung, die Krise würde so schnell enden, wie sie begann und es würde eines Tages einen Punkt geben, an dem alles wieder so ist wie früher. Dann wollte ich mich hinsetzen und reflektieren über die Zeit, über die Veränderungen, über neue Horizonte und darüber, ob vielleicht doch nicht alles an der Krise schlecht ist. Und ob man sich während der Krise vielleicht ein paar Dinge aneignet, die auch für After-Krisenzeiten beizubehalten wären. Tja und jetzt?!
Ein „Nach der Krise“ ist noch lange nicht in Sicht. Ich hätte mir in meinem naiven leichtsinn vor drei Monaten niemals vorstellen können, dass das so lange dauert. Mittlerweile bin ich realistischer geworden. Das dauert noch…

Trotzdem finde ich, dass man mal eine Zwischenbilanz ziehen kann.
Wenn ich eins aus den letzten Wochen gelernt habe, oder sagen wir mal besser, endlich gemerkt habe, dann dass man sich auf nichts verlassen kann. Morgen kann die ganze Welt plötzlich anders sein. Nichts ist mehr wie zuvor und die Zukunft, die man sich erträumt hat, existiert nicht mehr. Plötzlich ist sich wirklich jeder selbst der Nächste. Und man muss ganz allein sehen, wie man irgendwie durch kommt. Insofern wäre ein bisschen mehr Carpe Diem gar nicht verkehrt. Unsere Welt ist im Grunde zu zerbrechlich, um Dinge auf die lange Bank zu schieben. Für mich persönlich war das wirklich ein Warnschuss.

Und zugleich macht es mich auch vorsichtiger. Ich habe das Gefühl, mittlerweile mache ich mich schon in jeder Sekunden dafür bereit, dass direkt das nächste Chaos über mein Leben hereinbricht. Jetzt gerade entspannt sich alles und es geht mir insgesamt wieder recht gut. Aber wenn ich auf die letzten zwei Jahre zurück blicke, kam immer, wenn ich mich sicher fühlte, der nächste Hammer. Die Scheidung war durch, da verlor ich meinen Chef und meinen Job. Ich hatte mich endlich wieder gefangen und mir meine Selbstständigkeit aufgebaut, dann kam Corona. Und was kommt als nächstes?

Ich bleibe also ganz vorsichtig und versuche, jeden Tag zu leben, als wäre es mein letzter…?! Das klingt nach einer verdammt großen Herausforderung.
Ich glaube, die Kunst ist, sich nicht verrückt machen zu lassen. Ich kann ein bisschen mutiger sein. Ich sollte mal ins kalte Wasser springen. Ich könnte öfter meine Comfortzone verlassen…Halt! Ich habe meine Comfortzone verlassen! Sonst wäre ich jetzt nicht in dieser krassen, tollen Beziehung, die mich jeden Tag aufs Neue überrascht und glücklich macht. Das war ein großer und mutiger Schritt für mich.

Zugleich hat mir die Krise beigebracht, dass man seine Ansprüche auch mal herunter schrauben sollte. Man kann sich auch an kleinen Dingen erfreuen. Als man nichts machen konnte außer spazieren gehen, erschien es uns manchmal als das Highlight des Tages. Andererseits, merkt man eben auch, was einem fehlt, wenn es plötzlich weg ist. Mir fehlen ausgelassene Tanzabende im Club. Mir fehlen meine Kinky-Outfits und das ganze Verruchte… Das gehört zu meinem Leben und ich will es wieder haben.

Auf der anderen Seite, merke ich aber auch, was mir nicht fehlt. Shoppen gehört dazu. Und damit meine ich, dieses in Läden gehen, Klamotten anprobieren etc. Das ist jetzt zwar wieder möglich, aber es reizt mich null. Das wiederum hat dazu geführt, dass ich kaum neue Klamotten gekauft habe in der letzten Zeit. Das spart Geld und Platz im Kleiderschrank. Ich bin dadaurch kreativer geworden, was meine Outfits angeht. Ich muss eben das kombinieren, was ich habe. Und das macht echt Spaß. Ich habe in den letzten Wochen meinen privaten Style für mich nochmal optimiert. Ich kleide mich jetzt gerne in meine Freizeit etwas freizügiger, da ich im Büro ja immer schicken Business-Style trage. Deswegen muss ich, wenn ich dort nicht bin, outfittechnisch manchmal ein bisschen ausrasten.

Das Thema Bodymodifikation spielt für mich gerade auch eine große Rolle. Ich habe meine Frisur geändert und trage jetzt wieder meine roten Naturlocken, anstatt meine Haare jeden Tag zu glätten. Ich habe neue Tattoowierungen und plane weitere. Ich liebe diese Experimente. Zudem mache ich viel Sport und sehe, wie sich mein Körper dadurch verändert. Das macht mich stolz. Und wenn ich gute Tage habe, dann liebe ich aktuell meinen Körper so sehr, wie nie zuvor.

Okay, irgendwie schweife ich ab. Der Beitrag hieß urspünglich „After-C Vorsätze“. Ja, das wollte ich echt machen. Aber irgendwie passte mir dieser Titel jetzt nicht mehr so gut. Es hat sich so vieles verändert und wie gesagt, einen richtigen Endpunkt wird es gar nicht geben. Ich finde es zum Beispiel super, dass man mehr Abstand zu Menschen hält. Ja klar, nicht jeder hält sich daran. Aber bei mir persönlich hat es zu einer gewissen Entschleunigung geführt. Ich warte auch mal ein paar Seklunden länger im Park, oder beim Einkaufen, bis andere Menschen weg sind. Ich mag diese Distanz und das Bewusstsein für mehr Achtung und Hygiene. Andererseits habe ich viele meiner Freunde ewig lange nicht umarmt. Das fehlt mir schon sehr. Man gewöhnt sich auch daran, aber Umarmungen sind finde ich, eine wunderbare zwischenmenschliche Geste, die ich gern wieder hätte.

Gewohnheit ist ein echt gutes Stichwort. Man kann sich echt an vieles gewöhnen. Anfangs dachte ich, ich drehe durch, weil ich so viele Dinge vermisst habe. Mittlerweile ist das nicht mehr so schlimm. Aber aus der Erfahrung weiß ich, dass man sich auch andersrum wieder an Sachen gewöhnen kann. Als Beispiel nehme ich meine Arbeit. Zuerst war ich traurig, weil ich nichts zu tun hatte. Dann genoss ich langsam die freie Zeit. Und dann kam die Angst, dass ich keine Lust mehr auf Arbeiten haben könnte. Jetzt aktuell wird die Arbeit wieder mehr, richtig viel sogar. Und ich genieße das busy sein, das wichtig sein.

Es gibt so viele kleine und große Aspekte, die uns diese Krise gebracht hat und die sich dadurch verändert haben. Ob gut oder schlecht, liegt immer im Auge des Betrachters. Einen klaren Cut, ein Ende…das wird es nicht geben. Die Kunst ist, sich mit der veränderten, der neuen Welt zu arrangieren.

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