Athen, Gefühle und Romantik

Ich bin am späten Abend völlig erschöpft in meiner Unterkunft in Athen angekommen. Die kleine Wohnung, die ich wieder über Homexchange gefunden hatte, ist ein Traum. Geräumig, ordentlich, mit Klimaanlage und Balkon und in der Küche wartete ein kalter Weißwein und ein paar Snacks auf mich. So ließ ich den Tag gemütlich auf dem Balkon ausklingen.

Meinen ersten richtigen Tag in Athen habe ich entspannt angehen lassen. Meine Nacht war wieder unruhig und der Husten quält mich nach wie vor. Ich habe lediglich ein wenig das Viertel erkundet, bis meine Beine wackelig wurden. Diese Hitze und die Erkältung sind keine gute Kombi. Draußen kaum zum aushalten und drin bringen mich die Klimaanlagen um.

Ich habe mich trotz Appetitlosigkeit dann überwunden, nach etwas Essbarem Ausschau zu halten und habe dann zumindest etwas Feta und einen Auberginensalat gegessen. Beides war wie erwartet sehr lecker und mit ordentlich Knoblauch. Zum Glück will mich heute keiner küssen. Danach gab’s noch eine ordentliche Kugel Schokoeis und schon ging es mir insgesamt etwas besser.

Nach richtig viel Rumlaufen war mir dennoch nicht zu mute. Also machte ich etwas Siesta auf der Couch in meinem kuscheligen Appartement. In meinem Kopf ratterte es ziemlich. Folgende Zeilen hatten mich am Abend zuvor erreicht:

„Also der Nebel der vergangenen Zeit, hält er sich doch unter dem Sternenzelt. Deine Augen begierig, fast lauschend, auf der Suche nach einem Riss, einem Anfang, einem neuen Anfang und es beginnt mit einem ersten Schritt, einer abschließenden Party, einem zweiten Schritt oder doch ein erster Flug? Romantik ist dort wo Du bist, wo Dein Körper ist, Deine Gedanken, Deine Lust. Ich denke ein Funke dringt zu Dir und erhellt Deine Seele, auf Deinem Balkon, in Deiner Nacht.“

Ich war vollkommen geflashed. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Ich bin selten sprachlos. Aber das kam so aus heiterem Himmel, dass ich nicht wusste, ob ich weinen oder lachen sollte.

Ich habe seitdem recht lange darüber nachgedacht, was ich damit mache, wie ich dazu stehe und was das Ganze für mich bedeutet. Nach etlichem Grübeln habe ich beschlossen, diese Worte einfach Worte sein zu lassen. Im Grunde gibt es nichts, was man zwischen den Zeilen lesen könnte. Und warum sollte, ich was versuchen zu lesen, was da nicht steht?! Diese Worte beschreiben nur eine Situation, eine Momentaufnahme und gleichzeitig meine aktuelle Entwicklung. Aber sie tun das auf wundervolle Weise. Sie sind sehr poetisch und so mit Bedacht gewählt und so ehrlich. Und ich denke, das ist es, was mich in dem Moment sehr bewegt hat. Der Mensch, der sie mir schickte, bringt mir ungemein viel Wertschätzung entgegen. Nicht, dass Wertschätzung allgemein etwas so Außergewöhnliches für mich wäre. Ich erfahre sie jeden Tag in jeglicher Art und Weise. Aber das hier war noch mal anders. Jemand, der sich so in mich und meine aktuelle Lage hineinversetzt, Dinge so treffend in Worte fasst… Ich bin noch immer überwältigt. Ich mag es einfach, wenn Menschen sich Gedanken machen.

Manchmal muss ich aufpassen, mich in solchen Dingen und Worten nicht zu verlieren, zu viel nachzudenken. Es ist, wie es ist. Nur Worte. Keinerlei Zweideutigkeit. Oder sagen wir mal, kein Grund zu der Annahme. Ich habe nach wie vor etwas Panik vor Gefühlen, wobei ich immerhin eine gewisse Verknalltheit wieder zulassen kann. Und ich genieße es, dass diese kleinen Aufmerksamkeiten in Form von Worten mir ein Lächeln ins Gesicht und vielleicht sogar eine Träne in den Augenwinkel zaubern.

So oft sind es die kleinen Dinge. Dass mir liebe Menschen eine gute Reise wünschen, dass jemand darum bittet, dass ich Bescheid gebe, wenn ich gut gelandet bin, dass man sich Postkarten von mir wünscht…

Alles Wertschätzung, alles Liebe. Es ist an mir diese anzunehmen, ohne Angst zu haben.

Und da sind wir beim Thema Angst, welche mich in meinen Träumen so oft heimsucht. Wieso habe ich solche Angst vor Gefühlen? Weil Gefühle bedeuten, dass man sich verletzbar macht. Aber das gehört nun mal zum Leben. Das einzige, was ich tun kann, ist meine Gefühle für den Moment wahrzunehmen und einfach hinein zu spüren. Es ist sinnlos darüber nachzugrübeln, welche Gefühle andere gerade haben, zwischen den Zeilen lesen zu wollen. Ich sage immer, wenn jemand mir etwas mitzuteilen hat, dann wird er es tun, wenn er es für richtig hält. Und andersherum wird es genauso sein. Wer sich nicht ausdrückt, kann nicht gehört werden. Das Risiko, dass einer mehr Gefühle hat als der andere und man dadurch Zurückweisung erfährt, hat man immer. Gewissheit für happy ends gibt es nicht. Ich denke, ein bisschen habe ich es immer noch in mir, Beziehungen über die Intensität und die Art der Gefühle zu definieren, die man gegenseitig empfindet. Dabei ist das gar nicht nötig in dem Beziehungsmodell, welches ich für mich gewählt habe. Denn im Idealfall gibt es so etwas wie Eifersucht und Besitzanspruch dort nicht. Ich bin glücklich, solange ich mich gewertschätzt fühle von mir und meinem Gegenüber und solange die Menschen, die ich liebe, auch glücklich sind. Einfache Theorie, nicht ganz so einfache Praxis. Aber es funktioniert.

Grübeln macht die wunderschönen Momentaufnahmen kaputt. Die Grübelgedanken legen sich wie ein schwarzes Tuch über die Schmetterlinge und ersticken sie, sodass sie nicht mehr fliegen können.

Eine gute Sache hatte es, dass ich mich heute mit diesem Thema befasst habe. Es hat mich erleichtert. Ich muss nicht immer so viel Ballast mit mir rum schleppen. Und sprichwörtlich habe ich auch die Nase nicht mehr ganz so voll.

Was gibt es sonst noch zu sagen über meinen ersten Tag in Athen?

Alles was Räder hat, hat Recht.

Wenn ich einen Adrenalinkick brauche, fahre ich Taxi.

Man bekommt überall und gefragt zuerst ein Glas kaltes Wasser hingestellt.

Es ist unglaublich günstig.

Die Leute (außer Taxifahrer) sind sehr freundlich.

Morgen fahre ich ans Meer.

Ein Gedanke zu “Athen, Gefühle und Romantik

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