Am letzten Wochenende war ich mit meiner Familie auf einem ganz speziellen Festival, dem Woodstock der Blasmusik. Ja, richtig gelesen, so etwas gibt es und ja mit meiner Familie. Also nicht nur mit meinem Bruder, sondern auch mit meinen Eltern. Wir hatten die Tickets zu Weihnachten bekommen. Meine Familie war im Vorjahr schon auf diesem Festival gewesen und hatte begeistert berichtet. Ich war also mehr als gespannt, was mich erwarten sollte.
Am Donnerstagmorgen machten wir uns gut gelaunt, mit literweise Sonnencreme und je einem Sonnenhut ausgestattet auf in Richtung Österreich. Neben meiner Familie begleitete uns noch ein blasmusikbegeistertes befreundetes Pärchen. Nach 4 Stunden Fahrt erreichten wir das Gelände, wo uns das freundliche Personal begrüßte. Die Österreichische Mentalität und Gelassenheit mag ich wirklich gern. Trotz der angekündigten ca. 60.000 Besucher war alles sehr entspannt. Die ersten hatten ihre Zelte bereits aufgestellt und wir machten uns ebenfalls an den Aufbau unseres Lagers. Ein Teil unserer Gruppe lief mit dem Bollerwagen in Richtung des Festival-Supermarktes, um uns mit einigen Paletten Woodstock-Bier einzudecken.
Nach dem ersten Kaltgetränk ging es auch schon los zur Bühne. Als mein Bruder und ich merkten, dass die Einlasskontrolle sehr entspannt war und wir unsere Bierdosen vom Shop mit aufs Gelände nehmen durften, war unsere Verpflegung gesichert. Denn auf Dauer wurden die Getränke an den Ständen wirklich teuer.
Neben Bier und Radler tranken wir reichlich Spritzer (Weißweinschorle) aus 1-Liter-Bechern. In den Musikpausen vertrieben wir uns meist die Zeit mit Spaziergängen über die Campingplätze. Wir waren erstaunt, was sich manche an regelrechten Festungen mit allem Comfort errichtet hatten. Vom Pool, über den Kühlschrank bis hin zur Außendusche war alles dabei. Außerdem trafen wir reichlich lustige Menschen. So lief uns zum Beispiel ein als Biene-Maja verkleideter Typ über den Weg, der dort auf dem Festival seinen Junggesellenabschied feierte, oder „gepoltert“ wurde, wie man in Österreich sagt. Und manchmal ist die Welt ja extrem klein. Ich traf tatsächlich jemanden aus Aachen, der Leute aus meinem Berliner Orchester kannte. Unglaublich.
Blasmusik hörten wir natürlich auch reichlich. Diese reichte von den traditionellen Egerländer Musikanten, über Ska, Reggae, Rock, Pop, bis hin zum Schlager. Ich hatte am Ende sogar Muskelkater vom vielen Tanzen bis in die Morgenstunden. Es war eine endlose Party. Das Publikum war sehr gemischt und ich war erstaunt, wie viele junge Menschen, sich die Liebe zur Blasmusik teilen.
Zwischendurch wurden immer wieder die Blasmusik-Evergreens „Böhmischer Traum“ und „Von Freund zu Freund“ zum Besten gegeben und alle grölten mit. Ich war überwältigt. Bei unseren Spaziergängen hielten wir immer wieder an und lauschten auch dort kleinen oder größeren Gruppen, die unterm Pavillon kleine Sessions veranstalteten. Diese reichten von kläglichen (alkoholisierten) Versuchen, die eher zum Weghören waren, bis hin zu echt verdammt guten Performances.
Da wir Temperaturen von 30 bis 40 Grad hatten, kühlten wir uns immer mal wieder in dem kleinen Bach ab, der durch das Festival-Gelände verlief. Dort saßen ständig kleine Grüppchen mit Bierdosen und genossen das kühle Nass.
Das Highlight war dann das Gesamtspiel am Samstagvormittag. Mehr als 10.000 Musiker versammelten sich vor der Mainstage und spielten ca. 30 Minuten lang verschiedene allseits bekannte Stücke. Die Noten konnten wir vorher im Shop erwerben. Das Sounderlebnis war einfach überwältigend. Die Erfahrung an sich war eine ganz besondere und für mich bisher einmalige. Trotz Hitze und spielen in der prallen Sonne blieben alle Gemüter kühl. Die Stimmung war bombastisch.
Da uns an dem Tag einfach gar nicht mehr nach Radler und Bier zumute war, beschlossen wir (mein Bruder und ich), unsere Maß-Becher selbst mit Weißwein und Wasser aus dem Supermarkt aufzufüllen. Genau so schnell wie unsere Becher wurden auch mein Bruder und ich dann voll. So kam es, dass wir uns einer Gruppe anschlossen und das Trinkgelage zu deren Zelt verlagerten. Ich für meinen Teil brauchte erstmal ein Nickerchen. So döste ich eine Weile in der Wiese vor mich hin. Als ich wieder halbwegs fit aber keineswegs nüchtern war, fing ich an, mich mit einem recht gut aussehenden witzigen Typen zu unterhalten. Natürlich war er nicht Single, aber offen. Ja, irgendwie scheine ich solche Typen magisch anzuziehen. Wir fingen an, zu knutschen und als sich alle auf den Weg zur Bühne machten, kehrten wir auf halbem Wege wieder um und verschwanden im Zelt. Leider hatten dort noch mehrere seiner Kameraden ihre Betten, was zu einigen witzigen Zwischenfällen mit ungebetenen Zuschauern führte. Aber das interessierte uns herzlich wenig. Wir schafften es dann später doch noch zur Bühne, wo wir weiter knutschten und eine Weile ausgelassen tanzten. Die anderen fanden wir natürlich nicht wieder.
Wir waren immer noch ziemlich geil aufeinander und suchten uns ein unbeobachtetes Fleckchen hinter einer Absperrung zwischen haufenweise Traktoren und anderen Landmaschinen. Im Dunkeln mit Blick auf das Riesenrad und Blasmusik im Hintergrund war das ein ziemlich erotisches Setting. Und es ging dann auch eine ganze Weile ziemlich rund… Zumindest ich bin gut auf meine Kosten gekommen und meine Geilheit hat ihn ziemlich begeistert.
Anschließend gab es nur noch einen kurzen Abstecher zur Bühne und ich fiel totmüde in mein Zelt. Ein bisschen schade fand ich es schon, dass ich an dem Abend viel von der Musik verpasst hatte.
Den Sonntag verbrachten wir dann im Schatten sitzend zu klassischer Blasmusik schunkelnd und ließen das Festival ausklingen. Ich trank noch zwei Becker Spritzer und fiel dann im Auto endlich in wirklich tiefen Schlaf.
Dieses Wochenende war definitiv ein ganz besonderes. Ich hatte eine großartige Zeit, sowohl mit meiner Familie, als auch mit allen anderen Menschen dort. Es war extrem friedlich, extrem familiär. Und ich hätte niemals gedacht, dass ich meine Leidenschaft mit so vielen Menschen teilen könnte.
Schon jetzt freue ich mich auf das nächste Jahr.
Uh! Ich war auch!
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Ach was…Wie cool!
Wie hats dir gefallen? Und was spielst du?
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