Durch das ganze Nachdenken über T und mich und meine Gefühle, die ja irgendwie schon ziemlich lange da sind, sind in mir wieder eine Menge Fragen hochgekommen, was meine eigentliche Beziehung zu meinem jetzigen (Ex-) Mann angeht.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann macht es mich von Zeit zu Zeit wieder richtig traurig. Es ist nicht die Trennung an sich, die mir Schmerzen bereitet. Endlich von ihm loszukommen, war das beste, was mir passieren konnte. Es ist viel mehr der Gedanke, dass ich mich über meine eigene Dummheit, meine Blindheit ärgere. Ich frage mich im Moment fast täglich, was in mir vorging, was mir den „Mut“ gab, über all die schlechten Zeichen hinweg zu sehen? Was zur Hölle hat mich daran glauben lassen, dass er sich jemals ändern würde?
Als wir uns das zweite Mal getrennt hatten und er mit seiner Arbeitskollegin ins Bett gestiegen war, hatte ich ihn rausgeschmissen. Endlich hatte er mich so wütend gemacht, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Ich zog es tatsächlich zwei Wochen durch, keinen Kontakt mehr mit ihm zu haben. Und ich hätte es einfach dabei belassen sollen. Er schrieb mir in der Zeit eine lange, furchtbar rührselige E-Mail. Er bereute alles, mich verletzt und betrogen zu haben, wollte mich so gern zurück, wollte wieder ein „uns“. Zunächst blieb ich kühl und antwortete ihm, dass ich nichts mehr empfinde und dass dieser Zug nun endgültig abgefahren sei. Und ich meinte es auch so, ich fühlte es so. Ich war drauf und dran, von ihm loszukommen. Und dann sahen wir uns wieder. Er las meine Antwort in meinem Beisein und ihm liefen die großen Krokodilstränen die Wangen hinunter. Er wünschte sich, ich hätte anders reagiert, ich würde ihm verzeihen können. Das konnte ich nie (,wie ich jetzt weiß). Aber ich merkte, dass ein Teil von ihm mir dennoch fehlte. Irgendetwas zog mich an. Ich hatte Mitleid. Und ich war einfach nicht konsequent genug, konnte ich lange genug abstinent bleiben, der Droge nicht entsagen, um clean zu werden. Also ließ ich es zu, gab der Sehnsucht nach, suchte wieder Kontakt, traf ihn, schlief mit ihm. Und das war wohl der größte Fehler. Ich schlief gern mit ihm, es war leidenschaftlich, er gab mir ein gutes Gefühl. Und obwohl ich einen Tag zuvor eine wahnsinnig aufregende Nacht mit T verbracht hatte, gab ich ihm wieder den Vorrang. Ich verwechselte die körperliche Anziehung mit Liebe. All seine Aufmerksamkeit, all sein Umgarnen… all das zog mich erneut in seinen Bann. Dennoch trennten wir den Haushalt und er zog aus. Es folgte diese aufregende Zeit, wo alles noch geheim war. Wir waren zusammen und doch war jeder unabhängig und kümmerte sich endlich mal um seinen Kram, ohne die Beziehung ganz vorn an zu stellen. Wir redeten uns ein, dass es alles so wunderbar sei und wir ja einen so großen Fortschritt gemacht hatten. Aber wir hielten das nicht lange durch.
Der, der das am ehesten zu spüren bekam, war sein damaliger bester Freund, mit dem er gemeinsam in die neue Wohnung gezogen war. Denn bereits am Umzugstag waren wir beide wieder unzertrennlich und ich von da an mehrmals die Woche dort. Das war sicher nicht das, was sich der Freund unter einer tollen Männer-WG vorgestellt hatte. Er fühlte sich verraten – zurecht. Ich habe das damals ganz anders gesehen. Ich war genau wie mein (Ex-) Mann der Meinung, er würde uns unser Glück nicht gönnen. Und als wir uns wenige Wochen später verlobten, taten wir, als wüssten wir, wie alle Beziehungen in dieser Welt zu laufen hätten. Dabei wussten wir nur eins wirklich gut: wie wir uns am besten selbst belügen.
Rein nüchtern betrachtet war das alles eine Farce. Was andere dazu sagten, oder darüber dachten, war uns vollkommen egal. Wir hatten ja uns und wir waren so toll zusammen. Wir schmiedeten Pläne für die Zukunft und merkten nicht, wie wir uns immer weiter in den Strudel bewegten, in dem wir schon zwei Mal versunken waren.
Die Situation in der Männer-WG verhärtete sich soweit, dass kaum noch mit einander gesprochen wurde. Es gab sogar richtige Streitereien. Natürlich stand ich auf der Seite meines zukünftigen Ehemannes. Dennoch versuchte ich, diplomatisch zu sein. Doch sein Stolz und seine Arroganz überwogen. Jegliche Versuche meinerseits, an seine Vernunft zu appellieren, scheiterten. Ich redete gegen eine Mauer und war komplett machtlos. Im Nachhinein tut es mir unglaublich leid, dass ich zugelassen habe, dass neben mir auch weitere Menschen verletzt wurden und dass diese Freundschaft zerbrochen ist. Vermutlich wäre sie es sowieso irgendwann, vielleicht aus einem anderen Grund. Mein (Ex-) Mann hatte schon immer die Angewohnheit, Menschen, wenn sie ihm nicht mehr genügten, aufs Abstellgleis zu schieben. Witziger Weise ist es genau das, was er seinem besten Freund vorwarf: Saisonfreundschaften. (Typisch Narzisst, Schuld sind immer die anderen) Es ging soweit, dass er ihn von unserer Hochzeit ausschloss. Wobei sicher auch er einer derjenigen gewesen wäre, die diesen Bund der Ehe mitnichten unterstützt hätten – ebenfalls zurecht.
Aber was ist mit mir? Ich komme nicht umhin, mir die Frage zu stellen, was passiert wäre, wenn ich früh genug konsequent genug gewesen wäre. Wenn ich eine Sekunde über Ts Worte nachgedacht hätte, der allein aufgrund meiner Erzählungen nicht verstehen konnte, wieso ich mich wieder zu meinem (Ex-) Mann hingezogen fühlte und eine monogame Beziehung wollte. Ich hätte viel eher der Mensch werden können, der ich heute bin. Das ist Spekulation, das ist mir klar. Und wenn ich mich an diesem Gedanken festhalte, dann werde ich wohl niemals wieder ganz glücklich sein können. Keine Ahnung was gewesen wäre, wenn…?! Ich werde es niemals erfahren.
Womöglich hilft es mir, wenn ich versuche, es so zu sehen: Ich war noch nicht soweit. Ich war noch nicht reif genug, zu erkennen, dass ich mich auf etwas einließ, was einfach nicht zu mir passte. Ich hatte diesen Traum, von diesem perfekten Leben – Heiraten, Kinder… Ich war nicht bereit, diesen Traum aufzugeben. Ich hatte immer noch die Hoffnung, dies sei ein Leben, was zu mir passen könnte.
Aber mit der Zeit merkte ich es. Ich dachte oft an die Unabhängigkeit, die ich genoss, als wir getrennt waren. Ich dachte sehr oft an T, obwohl ich ihn noch gar nicht so gut kannte und ich vermisste ihn. Und doch war ich nicht mutig genug, es mir einzugestehen.
Unglaublich, dass ich bereit gewesen bin alles, was mir doch eigentlich so wichtig war, aufzugeben für die Ehe mit einem Lügner. Kein vorsätzlicher Lügner – einer, der es perfekt verstand, sich selbst zu belügen und damit alle anderen zu manipulieren. Unglaublich, dass ich dafür so viel aufgegeben und gleichzeitig eine Menge investiert habe. Das wirklich zu verstehen und mir selbst zu verzeihen, wird noch eine Weile dauern.
Nimm es dir nicht übel. Du hättest viele Erkenntnisse vielleicht gar nicht gehabt, wenn es anders gelaufen wäre. Das alles hat dich zu diesem Punkt gebracht, an dem du jetzt bist. Das ist nicht gut oder schlecht, sondern einfach richtig 🙂 So wie du gesagt hat: Du warst noch nicht so weit. Und das ist okay. So konntest du noch wertvolle Erfahrungen für dein Leben sammeln. Drück dich!
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Du hast recht, es ist gut so und ich will es nicht ändern.
Und ich will kein Mitleid mehr. Weder von mir, noch von anderen. Lieber Respekt 😊
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