Klassentreffen

Ich hatte mich also trotz allen Widerstrebens dazu durchgerungen, das Absolvententreffen meiner alten Schule zu besuchen. Immerhin waren wir jetzt seit 10 Jahren raus. Also könnte es ja vielleicht interessant sein, mal zu hören, was die anderen mittlerweile so machen. Und ansonsten lohnte es sich trotzdem, da ich eine meiner besten Freundinnen von damals wieder sehen würde.

Ich stellte mich also auf einen eher mäßigen Abend mit allerhand anstrengenden Gesprächen ein und wie das manchmal so ist, wenn man keine großen Erwartungen hat, wurde ich überaus positiv überrascht.

Als ich mich mit der „alten Mädels Clique“ traf, war die Location noch recht leer. Wir holten uns also ein paar Drinks und suchten uns den Platz mit dem besten Überblick. Immerhin mussten wir ja genau abchecken, wer dort so aufkreuzte. Beim Namenraten hatten wir eine Menge Spaß. Ich fand es super spannend, wie unterschiedlich doch die Erinnerungen an damals waren. Natürlich wurde gelästert, was das Zeug hält. Eigentlich genau wie früher. Manche Dinge haben sich einfach nicht geändert, manche wiederum schon. Manche waren Single und Weltenbummler, einige hatten Kinder, andere waren verheiratet oder wollten ein Haus bauen. Wenn ich meine Geschichte erzählte, erntete ich von Belustigung bis Anteilnahme die ganze Palette. Ich nahm es gelassen und war insgeheim froh, dass ich mittlerweile recht cool damit umgehen kann.

Tatsächlich ging es in den Gesprächen viel weniger um die typischen Karrierethemen, als ich vorher dachte. Viel spannender waren natürlich die Storys über zwischenmenschliche Entwicklungen. Wer mit wem? Wer hat schon ein Kind? Wer ist verheiratet? Ist sie schwanger oder ist das Kleid einfach nur extrem unvorteilhaft?

Ein ehemaliger Klassenkamerad, mit dem ich schon die Grundschule besucht hatte, kam auf mich zu. Er hatte damals von mir seinen ersten Zungenkuss bekommen. Ehrlich gesagt wusste ich das nicht mehr, fand es aber extrem witzig, dass er sich ausgerechnet daran erinnerte. Auch der weitere Verlauf des Gesprächs überraschte mich. Er ist seit fünf Jahren in einer glücklichen Beziehung, sehnt sich aber nach sexueller Abwechslung, sprich einer offenen Beziehung. Bei dem Thema war ich natürlich sofort am Start und fand es spannend, meine Erfahrungen mit ihm zu teilen. Und zugegeben: ich war sehr überrascht, dass unser Gespräch in so eine Richtung ging und ich fand ihn mittlerweile auch richtig attraktiv. Dass das gleichzeitig die Einleitung für den weiteren Verlauf des Abends war, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Maßgeblich dafür war aber sicherlich auch, dass es für unseren Jahrgang einige Sektflaschen gab, an denen wir uns reichlich bedienten. Später wurde getanzt und es war klar, dass ich nicht die letzte Bahn um viertel zwölf nehmen würde.

Ich war positiv überrascht über all die guten und vor allem witzigen Gespräche, die entstanden. Auch mit Leuten, von denen ich nicht geglaubt hatte, dass ich je wieder ein Wort mit ihnen wechseln würde. Und ich fühlte mich ein bisschen in die Schulzeit zurück versetzt. Da war der Ex-Freund, wegen dem ich mit 15 meinen ersten schlimmen Liebeskummer hatte. Wir beide ignorierten uns weiterhin erfolgreich. Da waren die coolen Mädels und die weniger coolen. Und gefühlt brach gleich irgendwo ein Zickenkrieg vom Zaun. Da war der attraktive Typ, der jahrelang leider nur Kumpel blieb. Auch an diesem Abend änderte das gemeinsame Tanzen daran nichts. Heiß fand ich ihn immer noch. Eigentlich war ich der Meinung, er hätte mir einen Schlafplatz angeboten. Eine Freundin kommentierte das nur mit „Na endlich“. Als ich allerdings nach einem… Naja… nennen wir es kleinen spontanen „Abenteuer“ von der Toilette zurück kam, war er verschwunden. Es war mittlerweile nach drei und die letzte Bahn natürlich lange weg. Ich weiß auch gar nicht mehr, wer auf die Idee kam, jedenfalls war ich kurze Zeit später gemeinsam mit dem Barkeeper, der damals eine Stufe unter mir gewesen war, auf dem Weg zu ihm… Zum Rest muss ich glaube ich nicht viel sagen. Nur: es war ziemlich gut. Netterweise brachte er mich dann am Vormittag auch zum Haus meiner Eltern, wo ich dann so langsam anfing, die Eindrücke und Erlebnisse der vergangenen Nacht zu sortieren. Schon merkwürdig… so hatte ich mir dieses Absolvententreffen nicht vorgestellt. Ich war also diejenige, die es auch nach 10 Jahren immer noch am buntesten trieb und selbst beim Klassentreffen total eskalierte. Man muss sich ja selbst treu bleiben. 😉

2 Gedanken zu “Klassentreffen

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