Ich denke, es wird mal wieder Zeit, über meine Beziehung zur Musik zu sprechen.
Wie wichtig mir diese ist und welchen großen Stellenwert sie in meinem Leben einnimmt, habe ich hier ja bereits beschrieben.
Aktuell befinde ich mich mit meinem Berliner Orchester in der Vorbereitungsphase auf das Winterkonzert. Die anspruchsvollen Stücke fordern mich musikalisch sehr, aber ich mag diese Herausforderung. Ich mag es vor allem, die Entwicklung zu sehen, vom Beginn, wenn man die Noten zum ersten Mal sieht und am liebsten einfach nur die Hände über dem Kopf zusammen schlagen möchte, über die ersten total chaotischen Proben, in denen man sich nicht vorstellen kann, dass das ganze einmal nach Musik klingen soll. In den weiteren Wochen nimmt alles ganz ganz langsam Form an, bis hin zum Probenwochenende, wo zwei Tage lang (fast) non-stop geprobt wird und man doch noch die Hoffnung bekommt, dass es mal ein gutes Konzert werden könnte.
Dieses Probenwochenende liegt nun wieder einmal hinter uns und so langsam kommt zumindest bei mir auch Vorfreude auf das bevorstehende Konzert auf.
Und neben der Pflege meiner Beziehung zur Musik werden hier natürlich auch zwischenmenschliche Beziehungen gepflegt (und gepflegt begossen).
Ich habe mich ja am Anfang recht schwer getan, so richtig Anschluss zu finden und fühlte mich zu vielen Proben und Fahrten irgendwie fehl am Platze, wusste manchmal nicht recht wohin mit mir. Mittlerweile fühle ich mich mehr und mehr angekommen und angenommen. Ich bin vollwertiges Mitglied des Vereins und würde irgendwie eine Lücke hinterlassen, wenn ich von heute auf morgen nicht mehr da wäre. Ich fühle mich wohl und möchte behaupten, dass sich mit der Zeit auch vereinzelt Freundschaften entwickeln und die Gespräche über den üblichen Small-Talk hinaus gehen, Tiefgang bekommen und echtes Interesse an meiner Person vorhanden ist.
Wie es aussieht, scheinen einige Musiker auch meinem Blog recht aufmerksam zu folgen. Augenzwinkernd wurde ich sogar von einem Trompeter gefragt, warum ich nicht mal was über ihn hier schreiben würde. Tja, du weißt, was du dafür tun müsstest… *Spaß* Also lieber Trompeter: fühle dich hiermit wohlwollend erwähnt, auch wenn du niemals in einer von „diesen“ Beziehungen zu mir stehen wirst.
Das nur am Rande. Ich freue mich natürlich über aufmerksame Follower, über Interesse an meinen Geschichten und über die Gespräche, die daraus entstehen und bin auch immer wieder erstaunt über viele liebe Worte und sehr viel Anteilnahme. Und ganz nebenbei bin ich jetzt auch wieder um einige Tipps für meine bevorstehende Scheidung reicher. Außerdem konnte ich alte Bekanntschaften auffrischen und ganz neue entdecken, die vielleicht der Beginn einer tollen neuen Freundschaft sein können.
Ein Sache, die ich immer wieder besonders toll finde, ist der grundlegende Zusammenhalt des Orchesters. Natürlich ist man nicht immer einer Meinung, nicht jeder kann jeden leiden (wie denn auch, bei 70 Leuten?!), es wird hier und da auch echt viel gelästert und dennoch zieht man gemeinsam an einem Strang – eben für die Musik.
Und was wir richtig gut können: gemeinsam Feiern bis zum Morgengrauen, bei Tanz, Gesang und Alkohol und morgens zwar wach aber extrem verkatert und dennoch irgendwie gut gelaunt in der Probe zu sitzen. Und ganz ehrlich: ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß und habe so herzlich gelacht, wie an diesem Wochenende, auch wenn der ein oder andere Witz auch gerne mal unter die Gürtellinie geht. Aber auch das ist immer mit einem Augenzwinkern zu sehen. Und zumindest mein Fell ist dick genug, dass ich das ziemlich gut ab kann.
Schön ist auch, dass ich mit dem Orchester endlich eine Sache habe, die ich ganz für mich allein mache und wo ich irgendwie in meiner eigenen Welt unterwegs bin. Jahrelang waren ja meine Eltern die treibende Kraft, wofür ich sehr dankbar bin. Dann habe ich eine Zeitlang im Berliner Orchester meinen (jetzigen) Ex viel zu sehr versucht mit einzubinden und mich gewundert, wieso es mich in Hinsicht auf meine Sozialkontakte zurück geworfen hat. Mittlerweile weiß ich, dass es gut ist, dieses Hobby nur für mich selbst in Anspruch zu nehmen.
Teilen möchte ich am Ende nur die „Erfolge“ und damit meine ich das Ergebnis unserer harten Arbeit – die Konzerte. Wenn ich auf der Bühne sitze, fein herausgeputzt, Spannung in der Luft liegt und die ersten Töne erklingen ist es ein unglaublich befreiendes Gefühl und es fühlt sich großartig an, das in dieser großen Gruppe von Musikern zu teilen. Doch das Schönste ist, zu wissen, dass wir damit das Publikum glücklich machen und bewegen können. Und jedes Mal wenn ich Gäste oder „Fans“ beim Konzert dabei habe, ist es wie ein persönliches Geschenk, welches ich ihnen machen kann. Das macht mich selbst dankbar und unglaublich stolz.