Wieder liegt eine unruhige Nacht hinter mir, die damit begann, dass ich mal wieder unglaubliche Angst vor dem Einschlafen hatte. Ja, diese Angst begleitet mich. Ich hab es irgendwie verlernt, dieses Runterkommen. Wochenlang habe ich mich nur betäubt und jetzt wird es langsam zu einem Problem. Ich kann die Ruhe einfach nicht ertragen.
Manchmal glaube ich, ich gehe immer zwei Schritte vor und dann auch wieder einen zurück. Ich falle in alte Muster, indem ich große Erwartungen in meine Beziehungen setze und bin dann enttäuscht, wenn diese nicht erfüllt werden. Und diese Enttäuschungen werden zum Vorwurf. Ich suche die Schuld bei anderen, obwohl ich doch weiß, dass ich dafür komplett selbst verantwortlich bin. Es ist ein typisches Beziehungsmuster. Wir halten uns gegenseitig einen Spiegel vor und werfen uns die Dinge vor, die wir selbst nicht im Stande sind zu leisten. Dabei müssen wir in jeder Beziehung bei uns selbst anfangen. Wir sollten uns fragen „Was will ich von meinem Gegenüber, was wünsche ich mir, welche Erwartungen sind da?“. Und wenn uns das klar ist, dann sollten wir auch selbst so handeln. So viel zur Theorie.
Ich weiß, dass es mir sehr oft schwer fällt, bei mir selbst zu bleiben. An diesen hohen Erwartungen ist immerhin auch meine Ehe zerbrochen. Es ist ja so viel leichter, zuerst auf den anderen loszugehen, als mal in Ruhe über sich selbst nachzudenken.
Und was tue ich? Ich ziehe mich zurück. Es ist ja einfach, wenn man sich ohnehin nicht ständig sieht und nicht gezwungen ist, sich gleich mit der Situation auseinander zu setzen, vielleicht sogar zu reden. Wer macht heute noch sowas. Was es mir auch leicht macht, sind die vielen Beziehungen. Um es mal überspitzt zu sagen: wenn eine nicht so läuft, suche ich mir eben eine, in der alles super ist und ich bekomme, was ich gerade brauche. Das ist einerseits natürlich toll und entspannend für mich. Andererseits ist das auch eine verdammt egoistische Denkweise. Gestern wurde mir die Frage gestellt, was ich in den anderen Beziehungen suche, warum ich nicht einfach mit einer glücklich sein kann? Ob es das starke Bedürfnis nach Aufmerksamkeit ist? Ich kann dem auf einer Seite zustimmen. Natürlich genieße ich die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung. Aber mittlerweile weiß ich auch recht gut, dass ich mir auch selbst genug sein kann. Ich kann Einsamkeit genießen (nicht zu verwechseln mit Ruhe).
Aber was ist es dann? Ist es wirklich dieses, sich immer eine Hintertür offen lassen? Die Gewissheit, es gibt immer die Möglichkeit zu fliehen und die Augen vor den Problemen zu verschließen?
Bei den Männern, bei denen ich ohnehin nicht Nummer 1 bin ist das schon so. Ich „muss“ ja nicht mit ihnen den Alltag bestreiten. Wenn wir uns sehen, geht es um reine Quality Time. Jeder soll sich gut fühlen und man macht das, was beiden Spaß macht. Eine kleine Auszeit vom Alltag. Deswegen tut mir das auch so unglaublich gut. Aber wenn es um eine „richtige“ Beziehung geht, also dieses Freund-Freundin-Ding, dann ist es plötzlich etwas anderes. Meine Frage ist, bin ich vielleicht noch gar nicht bereit für diesen „Alltag“, für Verpflichtungen? Mein Kopf sagt mir „Oh, es ist eine richtige Beziehung, dann muss man auch machen, was man da eben so macht.“ Aber was ist das eigentlich? Habe ich in meinem Kopf durch diese langen fünf Jahre eine viel zu festgefahrene Vorstellung davon, wie ich mir diese Beziehung vorstelle? Fakt ist ja, dass es gar nicht so sein KANN. Allein dadurch, dass es keine exklusive Exklusivität gibt. Besteht also die Lösung des Dilemmas darin, den Kopf einfach mal zu entspannen, loszulassen von all den Vorstellungen, die ich so habe? Ich will mich doch gar nicht in irgendein vorgestaltetes Modell zwängen. Ich will doch einfach nur frei sein und genießen was ich habe. Und das ohne Vorwürfe und Zwänge. Ohne irgendwem, zu irgendwas verpflichtet zu sein. Und damit meine ich sowohl Treffen, als auch Sex oder sowas banales wie Nachrichten schreiben.
Damit komme ich wieder zu dem Punkt, der mich vor einigen Wochen beschäftigte. Ich kann mein Leben ändern, aber ich kann auch einfach ändern, wie ich damit umgehe. Und da ich nun mal nicht wieder in so eine spießige von Zwängen beherrschte Beziehung zurück will, bleibt es dabei, dass ich wohl ein bisschen an meiner Einstellung arbeiten muss. Gesagt ist das furchtbar leicht, die Umsetzung in die Praxis fällt extrem schwer, wie man sieht. Aber immerhin bringt die mich erneute Erkenntnis wieder einen Schritt nach vorn und ermutigt mich zum Weitermachen. Ich glaube, ich sollte die Ruhe manchmal etwas besser nutzen und nicht immer versuchen, sie zu verdrängen oder zu vermeiden. Ich sollte auch mal zuhören, denn ich glaube, sie hat mir viel zu sagen.